LET`S DANCE

(David Bowie)

Wir sitzen gerade hier im Wohnzimmer rum. Nach einem recht langen und anstrengenden Arbeits- und Bildungsträgerbesuchstag gönne ich mir jetzt eine Salve „Murder by Death“ für die Ohren, während Ms. Pittili im Bett liegt und irgend so ne Show mit hyperkinetisches Transvestiten schaut. Moment… oh… sind keine Transvestiten! Sensation! Sind Tänzer… aha. Also: Ich sitze hier und Ms Pittili guckt ne Show mit hyperkinetischen Transvestiten! „Let`s Dance“ nennt sich das und da wird die dritte Reihe der C-Promis mit einem handelsüblichen Walzer-Walther temporalliiert und darf sich von dem vor einem Millionenpublikum über das Parkett schieben lassen. Dann gibt’s da ne Jurywertung und der Zuschauer wählt telefonisch den ungelenksten aus der Sendung. Die Jury besteht aus dem Darth Vader unter den Punktrichtern, einem Herrn Bambi…nee… Lamby; jedenfalls hat man dem statt der üblichen 10 Kärtchen nur die Nummern eins bis vier übergeben. Außerdem sitzt da noch so ne Art humane Discokugel rum und überglitzert die komische Frau, die da eh keiner ernst nimmt. Am Ende haben wir den Tanzkönig, oder so was ähnliches. Man weiß es nicht genau, was das soll.

Männer, mal ehrlich: Habt ihr das früher gerne gemacht? Getanzt?? Ich persönlich kann das klar verneinen! Ich war heil froh, daß die bei uns auf dem Dorf obligatorische „Tanzstunde“ in der 9.Klasse zeitlich mit dem Basketball-Training derart heftig kollidierte, daß ich dort LEIDER, LEIDER nicht hin muß… hin konnte. Ich bin heute noch ein bissel stolz auf mich, daß ich mich da rigoros gegen meine Mutter durchsetzen konnte. War nicht leicht, aber hat geklappt. Die Überredungsversuche waren natürlich umfangreich und gingen von „Die Lehrerin hat schon mich unterrichtet“  bis hin zu „da lernst du vielleicht ein nettes Mädchen kennen“! Ähm ja, danke, NEIN! Erstens ist es noch demütigender, wenn man von einer fast Achtzigjährigen zum Foxtrott getriezt wird und trotzdem versagt; und glaubt mir, ich habe die Alte zum Tanzstundenball meiner Schwester sechs Jahre später (!!!) Live erlebt, das wäre kein Spaß geworden mit der Schraube! Und zweitens ist das mit den „netten Mädchen“ natürlich ein suuuuper Argument um einen 16jährigen zu etwas zu überreden, das ihn derart anwidert wie Tanzunterricht. Na egal, dieser Kelch ging nicht nur an mir vorüber, er schwirrte quasi mit vollem Karacho in eine komplett andere Richtung als mein Lebensweg. Und wisst ihr was: Das war gut so! Aber durch solchen Mist, den das Unterschichtenfernsehen dann zur Prime Time verbricht, kocht dieser ganzen Schwachfug wieder hoch.

Es ist ja nun nicht so, daß ich überhaupt nicht getanzt hätte, aber das sah bei uns (damals) halt alles ein wenig anders aus. Es war in gewisser Weise gesellschaftlich nonkonformistisch angehaucht, machte aber ungleich mehr Spaß als sich im Dreivierteltakt mit irgend so einer Dorf-Olga im Arm zum Amüsement der Elterngeneration durch den Festsaal zu quälen; und wir nannten es POGEN! Ich werde hier jetzt kein Loblied darauf singen, wie wir  uns zu Soundgarden oder Nirvana in unseren Holzfällerhemden mit langer Mähne auf einer Bierverklebten Tanzfläche wie die Irren gegenseitig ansprangen und durch die Gegend schubsten… aber ich würde es gerne tun; denn das war toll! Dazu passt übrigens ein Foto, das ich beim GVH in Wiesbaden kürzlich schoß, denn damals wie auch heute hätte es nur eine einzig annehmbare Tanzschule für uns gegeben, nämlich die hier:

Prost!

Und weils so schön nostalgisch ist gerade, hier noch ein kleiner Eindruck vom Tanz in die Jugend. Man achte auf den Moshpit vor der Bühne… das bringt euch keine Tanzlehrerin bei; auch und GERADE nicht mit 80!