Sonntag, 6. März 2011

DAMAGE CASE

(Metallica)

Ein großmächtiges HOOORAY sei euch ins dahinscheidende Wochenende gesandt, liebe Mitmenschen. Nun, da die dieswöchige Regenerationsphase mehr und mehr ihrem Ende entgegen geht, ist es an der Zeit zurück zu blicken. Zurück auf einen denkwürdigen Sonnabend, zurück auf einen zwanghaft unternommenen Ausflug, ja, zurück auf weit vergangene Zeiten. Damals, als noch nicht alle Wege krumm waren und wirtschaftlich noch alles nach Plan verlief, da geschah es, daß in einem sächsischen Durchschnittsnest eine Uhr stehen blieb. Nicht nur eine, nein, denn in der Folge taten es ihr die baugleichen Kollegen aus blanker Solidarität gleich und hinterließen einen vom Wandel der letzten, sagen wir mal 20 Jahre, vollkommen unberührtes Stück Land. Gleich neben der „Stadt der Moderne“ gelegten hat er sich nämlich erhalten: Der zweifelhafte Charme der ausgehenden 80er und beginnenden 90er Jahre. Auf einer Expedition ins Ungewisse, welche ich zur Errettung meiner Schwester vor den Auswirkungen des Schienenersatzverkehrs am Sonnabend unternahm, landete ich mitten in diesem Anachronismus und, als ob das noch nicht schräg genug war, sah ich mich mit meiner eigenen, amüsanten Vergangenheit konfrontiert. Aber heute will ich nicht labern, nicht eine bissige Bemerkung nach der anderen in euer Hirn feuern, nein, heute sollen vor allem die Bilden sprechen. So ergötzet euch an meiner optischen Beweisführung, daß es einen Ort gibt (hinter den sieben Bergen, bei den sieben Schergen…), an welchem einem der sprichwörtliche „Arsch der Welt“ noch wie eine Hulamädchen – bevölkerte Südseeinsel im Schlaraffenland vorkommt: GLAUCHAU!

Bereits das Ortseingangsschild schürt entsprechende Erwartungshaltungen:
Willkommen in Glauchau!!!
 
Hat man diesen ersten Schrecken überwunden, steuert man (jedenfalls ich) das an, was man dort optimistisch als "Hauptbahnhof" bezeichnet. Dabei passiert man fahrender Weise den einen oder anderen Eingeborenen, der seinem Gesichtsausdruck zur Folge erstmals in seinem Leben mit einer Motorkutsche konfontiert wird. Vor Bahnhof angelangt atmet man dann durch, denn zumindest die Bahn hat einen Hauch von Moderne ins Hinterland getragen und für eben jene Motorkutschen eine Vielzahl modernder Parkmögichkeiten geschaffen:

Zentrumsnahes Parken

Wahrscheinlich schickt man in Glauchau wenns erstmal finster ist den Dorfältesten nebst Medizinmann zu diesem blasphemischen Relikt der Zivilisation um einen ordnungsgemäßen Exorzismus vorzunehmen. Bloß gut, daß es nicht wirkt.
Ich dachte lieber nicht weiter darüber nach und strebte dem Bahnsteig entgegen, aber alleine auf jenen 200 Metern schien ich nahezu die komplette Infrastruktur zu durchschreiten. Angefangen vom ortsansässigen Möbelmarkt:

IKEA Glauchau

... bis hin zur Lebensader dieser pulsierenden Metropole, wo sich die Bevölkerung mit den Dingen des täglichen Lebens eindeckt und sich die Speisekammern füllt:

ALDI - Glauchau
 Koordiniert wird das alles aus dem Rathaus, einem spätgothischen Prunkbau, welcher ebenfalls in Bahnhofsnähe drohend über seinen Untertanen thront:

Rathaus Glauchau
Unweit des Zentrums der Macht hat man denn auch den berühmtesten Söhnen der Stadt in Form von aufwendigen Höhlenmalereien ein Denkmal für die Eweigkeit gesetzt. Von links nach rechts sind zu sehen: Volker B. Hülsenmeyer (Gründer und erster Bürgermeister der Stadt), Wahnfried - Olaf Zuckelmüller (Brachte im Jahre des Herrn eintausendneunhundertsiebenundsechzig von einer Expedition jenseits des Ortseingangsschildes das Feuer mit) und Jason - Justin Hempel (aktueller Dorftrottel und viermaliger Gewinner des alljährlichen Erbgutvergleiches im Rahmen der Gründungsfeierlichkeiten am 31.Oktober).

Wall of Fame

Bevor ich euch nun aber mit einer geradezu verblüffenden, archäologisch geradezu atemberaubenden Enthüllung verblüffe, noch kurz zu individualhoistorischen Dimension dieses Ausflugs. Zunächst fühlte ich mich (ACHTUNG, Glauchau gibts auch in bunt!) beim Anblicvk des Bahnhofstunnels akut an meine Kindheit in Berlin erinnert. In den 80ern waren dort die U-Bahnhöfe nämlich genau mit diesen gelben Kacheln ausgekleidet... faszinierend:



Abgesehen davon, hielt ich auch einen zwar renovierten, aber dennoch geschichtsträchtigen Ort fest. Er markiert einen Meilenstein meiner universitären Sozialisation. Es begab sich im Jahre des Herrn zweitausendunddrei, daß sich eine Gruppe von Studenten zu einer mehrtägigen Expedition in den undurchdringlichen, zivilisationsfeindlichen Dschungel (konkret: Döbeln, Waldheim, Ronneburg) aufmachte nur um am Ende in Glauchau auf diesem Bahnsteig zu stranden:

Eine Schande, daß der renoviert wurde; "Ground Zero" unserer Exkursion 2003

Aber ich versprach noch eine Sensation, so eine Art unumstößlichen Beweis für die These, daß dieses ominöse "Glauchau" aus einer Zeit weit, weit, WEEEEEEEIIIIIIIIT zurück stammt und dort noch die Gesetze und Bräuche aus längst vergangener Zeit ihre zweifelhafte Gültigkeit besitzen. Ich entdeckte an exponierter Position folgendes Kultobjekt:

Haaaaaaaallelujahhhhh, Haaaaaaaaaallelujahhhhhh....!


Krass! So etwas habe ich nun wirklich lange nicht mehr gesehen!!!! Und wer sich nun noch fragt, was so ein außergewöhnliches Mekka der ewig Vorgestrigen denn so an Kulturprogramm auf seine zweifellos zahlreichen, touristischen Besucher herab regnen läßt, dem sei zur Beantwortung dieser Frage vielleicht stellvertretend die Bahnhofs-Informationstafel ans Herz gelegt:



PS: BlaBlaMeter; es geht voran...

6 Kommentare:

  1. Eine solche Fahrgastinformation gibt es in Böhl-Iggelheim auch. Manchmal werden da sogar Verspätungen angezeigt. Manchmal.

    AntwortenLöschen
  2. *lol* Wenn der GVH Deinen Kommentar liest, bekommt er bestimmt (wie ich auch grade) einen mittelschweren LAchkrampf! ;-) *Insider*

    AntwortenLöschen
  3. Schön, dass ich euch zum lachen bringen kann.

    AntwortenLöschen
  4. Recht hat er... :-D

    In Glauchau wird nichts ANGEZEIGT - schon gar nicht heranbrausende, lautlärmende und dreckverteilende Güterzüge. Diese werden sogar ANGESAGT! (So ca. 5 Minuten nachdem sie uns auf dem Bahnsteig eingequalmt haben.)

    AntwortenLöschen
  5. *lol* genau... das war die Arschbombe, die das Exkursionsfaß zum detonieren brachte!

    AntwortenLöschen