Dienstag, 29. April 2014

HIGH HOPES

(Bruce Springsteen)

Tach auch. Erinnert ihr euch eigentlich noch an eure Schulzeit? Genauer gesagt den Geschichtsunterricht? Als es damals um die Industrialisierung, die Arbeiterbewegung, Weimarer Republik und alles was danach kam ging? Ja? Dann ist ja gut! Dann könnt ihr euch vielleicht auch an das erinnern, was mir zu meiner Pennälerzeit des Öfteren kredenzt wurde wenn es um das Erringen möglichst ästhetischer Noten ging: Die Quellenanalyse!

Ich fand das eigentlich ganz cool, da bekam man irgend einen Zeitungsausschnitt oder ein Bild und sollte dann mal ein wenig einordnen, erklären, interpretieren oder – was jetzt der worst-case war aber auch funktionierte mitunter – bei kompletter Ahnungslosigkeit möglichst glaubwürdig über etwas schwadronieren, wovon man im Grunde genommen keinerlei Ahnung hatte. Aber Quellen waren gut, denn sie lieferten selbst in letzterem Fall wenigstens noch Informationen, die eine offene Frage nicht lieferte. Geradezu großartig fand ich es, alte Wahlplakate zu analysieren. Die waren damals zwar nicht so politisch korrekt wie heute, aber sie hatten irgendwie noch… wie nennt man das gleich nochmal, was heute total out ist… ach ja: Inhalt! Mitunter waren es Karikaturen oder mit spitzer Feder formulierte Verunglimpfungen des politischen Gegners, ja, zum Teil war man derart verrückt, daß man auf so ein Wahlplakat einfach mal drauf schrieb, was man politisch eigentlich will! So irre waren die damals, stellt euch das mal vor!

Heute vollkommen undenkbar!

Da ja nun Europawahlen anstehen wird das Land gerade wieder mit Plakaten überzogen. Design geht über Inhalt, Person über Aussage – so kann man es wohl auf den Punkt bringen. Ging es früher den Parteien noch darum, daß man dem Wahlvolke mitzuteilen gedachte, was man denn will, versuchen die Spin Doctors und Cunsulting-Unternehmen im Hintergrund heute vor allem eine derart rund geschmirgelte Kampagne zusammen zu schustern, daß man gar nicht erst in die Gefahr kommt sich in irgend einer Weise festlegen zu müssen. Andererseits wird, politisch korrekt, auch keinem weh getan mit den aufgedruckten Botschaften. Wir sind alle potentielle Wähler und sollen es auch bleiben – tatsächliche Wähler, Wähler, die man mit Inhalten überzeugt hat, sind scheinbar uninteressant. Man kann es auf die Formel bringen: “Lieber keinen Wähler verschrecken als einen zu überzeugen!”

Ich habe mal ein paar dieser Allgemeinplätzchen quer durch die Plakatwelt hindurch zusammen gestellt. Seht selbst, was uns die Parteien so an inhaltlichen Schwerpunkten und jeweiligen politischen Alleinstellungsmerkmalen mitzuteilen haben:

“Damit Europa mehr Arbeit und Wachstum schafft”

“Ein Europa des Wachtsums, nicht des Stillstandes”

Na, wer will hier was? Muß man doch erkennen! Während der erste Slogan doch nur so vorm CDU-Konservativismus trieft, ist im zweiten doch glasklar die viel zitierte, programmatische “sozialdemokratische Handschrift” zu erkennen! Oder war es doch anders herum?!?

Man könnte jetzt seitens der Union natürlich auch verkünden, daß man “Für einen stabilen Euro durch wirtschaftliche und soziale Stabilität in allen Mitgliedsländern” kämpfe. Oder seitens der SPD hielte ich auch “Wir setzen uns für die Zukunft junger Akademiker in ganz Europa ein und wollen auch in Spanien die Arbeitslosigkeit durch gezielte EU-Programme bekämpfen!” (Jaja, ich weiß, daß “gezielte EU-Programme” ein Oxymoron ist, aber man kann ja mal Visionen haben) für ein legitimes Plakat.

Die Linken wiederum, die ziehen gleich mit dem Holzhammer

“Wer Europa will, muß es den Reichen nehmen”

in den Wahlkampf. Joa, kann man sagen, muß man jetzt aber nicht. Wer definiert denn, wer “die Reichen” sind? Die Linken etwa??? Na dann gute Nacht! Außerdem: Was soll einem denn dieser hohle, Inhaltsleere Spruch schon hinsichtlich der Ziele der Linken sagen? Daß sie einen vollkommen illusorischen, ja undemokratischen Ansatz der Entrechtung und Enteignung von Minderheiten verfolgen? Kann man ja so verstehen den Spruch. Das dürfte, so hoffe ich zumindest, nicht das sein, was die wollen, aber dann sollen sie es verdammte Scheiße nochmal auch sagen!!! Was ist denn so schwer an:

“Wir kämpfen für höhere Spitzensteuersätze in der EU, damit Sozialleistungen gut refinanziert werden können!”

Ja, das wäre doch mal programmatisch und – im Grunde genommen eigentlich ohnehin ein klassisch-sozialdemokratisches Argument – auch mit ein wenig Inhalt gefüllt. Das andere Großplakat sagt schon fast warnend:

“Passt auf – Die Linke!”

Ja, das wiederum kann man guten Gewissens so stehen lassen!

Die Grünen, nunja, es ist bei weitem nicht ihre beste Kampagne, aber wenn man auf Subjekt+Prädikat+Objekt nicht allzu viel Wert legt und ein wenig Hintergrundwissen hat (also sprich ein Mal im Monat Tagesschau guckt), dann weiß man wenigstens, was sie wollen:

“Klimaschutz ohne Grenzen”

“Atom aus, Natur an”

“GENug”

das Beste Plakat, weil multifunktional formuliert: “Für ein Europa, in dem niemand untergeht!”

Die Kampagne der Grünen ist, im Übrigen schließt das deren TV-Spot mit ein, derzeit das einsame inhaltliche Highlight in diesem Europawahlkampf. Diese gequirlte Moppelkotze, diese breiigen und inhaltsleer daher geschwurbelten Allgemeinplätzchen der anderen Parteien sind doch eine Zumutung!

Klar, man könnte jetzt natürlich das Wahlprogramm dieser ganzen Pfeifen lesen, aber warum? Warum sollte ich ein Wahlprogramm einer Partei lesen, die mich mit ihrer Kampagne nicht einmal im Ansatz neugierig gemacht oder thematisch angefixt hat? Mir fällt kein Grund dafür ein. Informieren ja, aber ich töte nicht noch mehr meiner Lebenszeit – geschweige denn noch mehr Hirnzellen - damit mir solche aufgeblasenen Worthülsen wie “Europa neu denken" rein zu ziehen. Solche Phrasen sind so hohl, die kann einem kein Parteiprogramm vernünftig mit Fakten unterfüttern.

Nunja, wir werden sehen, wo das alles bis zum 25. Mai noch hin führt. Ich bin mittlerweile selber gespannt, wo ich mein Kreuzchen machen werde – eine Situation, in der ich mich seit 1998 nicht mehr befand. Zur Feier des Tages habe ich auch mein Plakat zu letzten OB-Wahl wieder heraus gekramt und – ich finde es ist immer noch höchst aktuell was die Message angeht – zu Ehren der Europawahl ein wenig gepimpt:

Plakat Europa

PS: Hier dann doch noch was zum Schmunzeln. Ratet mal, welches Randgruppenkonglomerat mittlerweile (Gott sei Dank) bundespolitisch Bedeutungsloser doch tatsächlich mit folgendem Slogan in die Europawahl zieht:

Gute Argumente statt großer Versprechen

… Brüller, oder?!!!! 

Samstag, 26. April 2014

Peljätty Humppa–Eläkeläiset am 19.04.2014 im F-Haus zu Jena

 

Mahzeit! Ich schulde euch noch einen Konzertbericht… das wißt ihr, das weiß ich… nur mein Hirn, das weit es nicht!

So ungefähr könnte man es zusammenfassen. Ich sage es lieber gleich: Ich bin diesmal nicht wirklich in der Lage einen meiner gewohnt distanziert-sachlichen *hüstel* Berichte über den letzten Sonnabend zu liefern. Ich begründe es mal in Reimform:

Das liegt nicht an mir, das liegt am Bier! (*tataaaa-tataaaaaa-TATAAAAAAA*)

Ja, heute vor einer Woche weilten die Frau und ich im gar nicht so fernen Jena und suchte dort die Kleine Schwester heim. Mit dieser wiederum bereise ich ja schon seit Jahren gemeinsam die Konzertbühnen dieses Landes – und von Prag. Jedenfalls hatte sie für uns Karten für dieses schmucke Event hier

Humppa1

Humppa2

beschafft. Vor gut zwei Jahren habe ich sie gezwungen an selber Stelle mit mir “zum Humppa zu gehen” (<- Fachbegriff), was man im Übrigen HIER nachlesen kann. Ähnlich wie letzte Woche tat sie dies mit einer gewissen Grundskepsis, was sich aber am Abend dann legte. Wer sich jetzt fragt, was dieses “Humppa” denn eigentlich ist, dem sei eine bekannte Videoquelle ans Herz gelegt. Ich werde es an dieser Stelle nicht erklären, weil man den “Humppa” nicht erklären kann. Entweder man hat den Humppa oder man hat den Humppa eben nicht. (An die Grenzen der Erklärbarkeit des Humppa stießen wir am Folgetag, als wir meiner Mutter zu erläutern versuchten, wo wir denn gestern eigentlich waren… es scheiterte kläglich.) Wenn man den Humppa hat, dann ist ein ganz zu Eläkeläiset geradezu zwangsläufig. Da diese Irren (im positivsten Sinne) auch noch aus der wundervollen karelischen Metropole Joensuu kommen, das macht es für mich gleich noch ne Spur cooler “zum Humppa zu gehen”!

Nebenbei wird bei einem Eläkeläiset-Konzert auch noch deutlich, was die deutsche Metal-Szene so grundsympathisch macht: Sie hat geschlossen einen an der Waffel! Die Herren aus Joensuu spielen in Wacken ebenso souverän wie im finnischen ESC-Vorentscheid. Den sie im Übrigen nicht gewonnen haben, was wiederum daran liegen mag, daß nicht einmal die Finnen die hiesige Faszination für den Humppa nachvollziehen können; und das will durchaus was heißen, wir reden hier von einem Volk, das Weltmeisterschaften im Handyweitwurf hervorgebracht hat. Jedenfalls wird einem vom Motörhead- bis zum Slayer-Shirt im Saal alles an musikalischer Uniformierung geboten, was das Hardrock-/Metal-Herz so begehrt. Außerdem – und jetzt kommen wir einerseits zum Grund für meine Unfähigkeit einen vernünftigen Konzertbericht zu verfassen und andererseits zum nächsten Argument, warum es komisch ist, daß Finnen nicht so gerne “zum Humppa gehen” – gehört zum Humppa auch immer Bier! Olut, wie der Finne sagt! Um bösen Gerüchten vor zu beugen: Ich hatte zu keinem Zeitpunkt des Konzertes mehr als ein Bier in der Hand… allerdings ebenso nie weniger als eines. Taktisch klug positionierten wir und direkt an der Bar und so war der Nachschub gesichert. Die vergleichsweise moderaten Preise von 2,50€ für den Becher Rosenpils und der nette Barkeeper mit dem Talent zum schnellen Zapfen taten ihr übriges.

Während wir also im Saal herum standen und (zumindest ich) fröhlich die Bar quersubventionierten, ging vorne auf der Bühne der gewohnte Blöd- und Irrsinn eines Humppakonzertes ab; was auch folgendes Foto nicht wirklich transportieren kann:

Humppa3

Irgendwann nach reichlich zwei Stunden war der Abend dann nach der dritten Zugabe vorbei – wie gesagt: mehr könnt ihr an Verlaufsinformationen zu dem Abend von mir nun wirklich nicht erwarten – und wir wurden noch Zeuge der finalen Zerstörung des Keyboards. War ja auch das letzte Konzert der Tour und da kann man sich schon mal vom Equipment verabschieden. Das wurde dann auch getan. Ich fand das Konzert zu diesem Zeitpunkt ja mal so richtig spitze! Smiley mit geöffnetem Mund 

Ich bin auch überzeugt davon, daß es auch für die zur objektiven Beurteilung fähigen Anwesenden ein toller Abend war, denn sogar die Kleine Schwester war noch am nächsten Tag überzeugt – vom Humppa! Wir traten sodann die Rückfahrt an – ich verrate nicht zu viel, wenn ich erwähne, daß ich nicht am Steuer saß. Die nierenbasierten Verarbeitungsprozesse des konsumierten Getränkes forderten ihren Tribut in Form von 2 Zwischenstopps (wohlgemerkt bei einer Fahrzeit von netto 45 Minuten). Ich glaube auch, daß ich meine Mitfahrerinnen köstlich unterhalten habe während der Fahrt – ich weiß nur nicht mehr womit; ein Mysterium. Jedenfalls legten wir noch den üblichen nachkonzertlichen Zwischenstopp bei der Fast-Food-Schmiede kurz hinter der Autobahnabfahrt ein. Ich weiß noch, daß ich – höflich wie ich bin – der McDrive-Burger-King-Bedienungsuschi ein “gesegnetes und frohes Osterfest” (<- aus original Gedächtnisprotokoll nachtranskribiert) wünschte, was meine Mitinsassen im Igor wiederum mit lautem Gelächter quittierten und mich noch am Folgetag damit aufzogen. Tja, wenigstens habe ich noch daran gedacht, sie nicht! Dank dem sehr süffigen und katertechnisch höchstgradig empfehlenswerten Rosen-Pils (geschmacklich ne 2-) ging es mir am Folgetag auch bombig – im Ernst jetzt. Ich habe mich nicht gefühlt als ob ich am Vorabend auf einem bierintensiven Konzert gewesen wäre.

Als Fazit kann ich zunächst nur festhalten, daß es, trotz anfänglicher Anlaufschwierigkeiten, ein sehr schöner Humppa-Abend war. Nee, ich fand es toll! Vor allem war es - worauf ich mich auch massiv vor-freute – das erste gemeinsame Konzert mit der Kleinen Schwester seit dem 7. Juli 2013. Bedingt durch ihren Auslandsaufenthalt waren wir seit dem nur jeweils alleine unterwegs. Ihr glaubt gar nicht, wie langweilig es in der Wartezeit vor Monster Magnet oder Depeche Mode Konzerten sein kann, wenn man niemanden zum piesacken hat. In diesem Sinne: MAY THE HUMPPA NEVER END! Ich bin mal gespannt, wo sie die Herbst-Tour hin verschlägt… dann werde ich vielleicht erneut “zum Humppa gehen”! Zwinkerndes Smiley 

PS: Das obligatorische Andenken-Shirt. Habe heute gemerkt, daß es Passanten in Three-O-City (schon an sich eine eher skeptische Spezies) durchaus irritiert – die können es halt nicht einordnen! Ich für meinen Teil finde es saucool, zumal ich schon das an Motörhead angelehnte Shirt vom letzten Konzi habe; da kommt dieses an den Klassiker von Run DMC angelehnte, schlichte Schmuckstück natürlich doppelt gut.

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Dienstag, 22. April 2014

A SILHOUETTE OF DOOM

(Ennio Morricone)

Männer; brace yourselves – Turbofeministinninnen from fucking Hell are coming!

Meine Geschlechts- und ja, mittlerweile auch Leidensgenossen; ihr tut mir leid. Erinnert ihr euch noch an den großartigen Film “Fight Club”? Ja, den mit Brad Pitt und Edward Norton und natürlich dem mordsmäßig guten Soundtrack. Da gibt es eine Szene, da theoretisiert Tyler Durden über das Männerbild der Gegenwart und faßt das Dilemma der zur Bedeutungslosigkeit femininisierten Testosteronantenschaft mit folgendem Satz mal so grob zusammen:

“(…) Und wir beginnen uns zu fragen, ob noch eine Frau wirklich die Antwort auf all unsere Fragen ist!?

Gut, das hätte man ja schon vor der letzten Bundestagwahl bedenken können – hat aber wohl keiner. Ich sage jetzt nicht, daß ich dem vorbehaltlos zustimme, aber ich sehe da schon gewisse Tendenzen. Beispielsweise habe ich heute erst einen Artikel gelesen, in dem angeprangert wurde, daß es in meinem Bundesland nur eine Quote von 1,1% Frauen bei den Berufsfeuerwehren gibt. Lösungsvorschlag war unter anderem das Absenken der Zugangsvoraussetzungen, sodaß auch Frauen unter 1,65m Körpergröße die (Sport-)tests schaffen können (da ist NICHTS übertrieben, genau DAS wurde gefordert). Das hat für mich nichts mit Emanzipation zu tun – das ist einfach eine Verwässerung von Leistungsstandards für mich – zu Gunsten einer krankhaften Gleichmacherei. Von mir aus mehr Frauen in die Feuerwehr, immer gerne, aber die sollten dann auch genau das leisten, was jeder Mann leisten muß! Warum? Weil es zum Berufsbild gehört, verdammt noch mal und eben kein Werkzeug der Geschlechterdiskriminierung ist. Wenn ich im 5. Stock einer brennenden Bude ohnmächtig im Giftqualm liege, dann wäre mir (als 1,90 Meter großer, subdürrer Mensch) schon wesentlich wohler zu Mute, wenn da ein Zwei Meter Hüne mit der Axt durch die Türe bricht und mich laut fluchend über die Schulter wirft und ins Freie trägt, als wenn da plötzlich ein (politisch korrekt beschäftigtes) 1,64m – Mädel mit geschätztem 50 Kilo Körpergewicht an mir herum zerrt. “Er ist tot Jim!” – Ist aus meiner subjektiven Sicht nämlich keine Option, wenn sie sich durch ein wenig mehr Vernunft umgehen ließe. Bei “gleiches Recht für alle” und “gleichen Chancen” gehe ich ja voll mit. Ich bin so aufgewachsen und habe damit keinerlei Problem. Allerdings heißt das ja nicht, daß jeder unterm Strich auch das Gleiche bekommt. Ist ein feiner Unterschied, der immer mehr zu verschwimmen scheint.

Aber egal, ich rede mich hier noch um Kopf und Kragen. Für derlei Ansichten wird es nämlich langsam eng in diesem Land fürchte ich. Aber hey, ich habe da heute ja noch etwas gefunden, das meine Ansichten ein wenig unterstreicht. Wir waren einkaufen und irgendwo zwischen Schreibwaren und Büchern hängte mich die Frau schwuppdiwupp ab. Wech war se! Gut, dann stöberte ich ein wenig die Juxkarten durch. Folgende Karte fiel mir dabei in die Hände:

Aufschrei1

Gut, ist halt ne Juxkarte, dessen bin ich mir schon bewusst – ich bin auch weit davon entfernt die ernst oder auch nur im Entferntesten persönlich zu nehmen. Ich habe da eher grundsätzliche Bedenken. Jetzt stellt euch die mal mir “Frauen sind” im Titel vor...! Den Urheber dieser Karte hätten sie noch mit Knüppeln aus dem Verlag getrieben und öffentlich geteert und gefedert. Wer jetzt meint:

“Ja gut, das ist eine Juxkarte, da gibt es bestimmt auch ein selbstironisches Pendant über Frauen und du reagierst hier vollkommen über, Du ekelhafter Patriarchenmachohengst”

dem halte ich mal besagtes Pendant, denn das existiert in der Tat, vor Augen:

Aufschrei2

Mir geht es nicht um die Karten, die nimmt eh keiner ernst. Aber alleine der Fakt, daß die Karte auf dem ersten Foto in diesem Land überhaupt existiert und verkauft wird, wohingegen man sich nicht traut ein gleichwertiges Gegenstück zu produzieren, die führt doch die Motive des sich immer verbissener durch den kompletten Duden vor sich hin gendernden Gutmenschenvolkes komplett ad absurdum! “Gleichberechtigung” heißt nun einmal auch, daß man damit leben muß, auf die gleiche Art und Weise verarscht zu werden. Ich fand einfach, ihr solltet das wissen…Zwinkerndes Smiley.

Ich geh jetzt DMAX gucken! “Fernsehen für die besten Menschen der Welt – MÄNNER!”

Freitag, 11. April 2014

DANKWART IST TANKWART–Rainald Grebe und das Orchester der Versöhnung – 01.04.2014 in der Stadthalle Chemnitz

 

“Im Auenland lächelt Heidi Klum und an den Rändern fliegen die Nazguls rum!”

Es hat ne Weile gedauert, aber endlich bin ich unter oben genanntem Motto zurück gekehrt in mein logorrhoeisches Reservat der verbalen Selbstdeskriptivität. In den letzten Wochen war ne Menge los bei mir – was mich wiederum fern hielt vom Geschriebsel. Aber wenn mich was zurück an die Tastatur bringt, dann ist es ein Konzert; wobei “Auftritt” es diesmal wohl eher beschreibt. Here-we-GO:

Aufmerksame Leser dieses Blogs werden es schon festgestellt haben: Dieser Typ hier hat definitiv einen Faible für die Kleinkunst des Rainald Grebe. Folgerichtig war ich in den vergangenen Jahren schon mehrmals zu Gast bei seinen Auftritten. Jedes Mal, wenn der Herr ein neues Programm an den Start bringt, da hüpft das Herz und der Klick beim Kartenkauf fällt leicht. Sehr leicht. Warum? Weil der Mann ein Genie ist, anders kann man es einfach nicht sagen. Klar, es ist nicht jedermanns Sache was er macht, aber wenn man einmal vom Grebe-Virus befallen ist, dann ist es zu spät. Ich für meinen Teil habe mir abgewöhnt die Alben vor dem Konzert zu kaufen – aus Gründen. Diese bestehen im Wesentlichen darin, daß es einfach viel unterhaltsamer ist, das neue Programm vom Chef persönlich dargeboten zu bekommen. Vorm Konzert oder wahlweise auch in der Pause wird die dazu gehörige CD (diesmal ein Doppelsilberling) einfach als Andenken erstanden. Vorweg geschickt sei mal, daß ich das 2014er Programm grandios finde – eines seiner besten bisher! Da meine Mutter den Rainald ebenfalls recht knorke findet, lud ich sie kurzerhand (auch nicht zum ersten Mal) in die Stadthalle zu Chemnitz ein. Organisierte Karten und ein Abendessen. Zu gegebener Zeit schlenderten wir dann ins Foyer der Stadthalle und standen zunächst ein wenig abseits herum. Wieso? “Laß uns mal bissel über die Leute lästern!” – und das war nicht mein Text. Als der Beginn näher rückte begaben wir uns auf unsere Plätze. Ca. 10 Minuten nachdem wir uns gesetzt hatten erlosch auch schon das Licht im Saal. Es ist freilich schwer die folgenden drei Stunden in Form einer Setlist zusammen zu fassen, in diesem Fall geht das einfach nicht. Grebe-Auftritte sind immer so eine Art Gesamtkunstwerk. Das Überraschende, was man aber erst feststellt, wenn man ihn zwei Mal mit dem gleichen Programm erlebt, ist, daß die Mätzchen und Sprüche zwischen den Musikstücken derart spontan scheinen, daß man sich gar nicht vorstellen kann, daß sie eigentlich minutiös einstudiert sind. Das ist eine große Kunst, zumal spontane Elemente immer noch irgendwo hinein fließen wenn es sich anbietet. Aber im Großen und Ganzen hat man es mit einem perfekt durchgeplanten Stück Chaos zu tun. Einem Chaos, aus dem sich irgendwo zwischen Klamauk und ziemlich guten Musikern, die ziemlich gute Musik machen und dabei bisweilen ziemlich lächerliche Kostüme tragen eine köstlich pointierte Gesellschaftskritik erhebt. Dieses Jahr knüpft sich Grebe mit seinem Orchester der Versöhnung das vor, was er die “Berliner Republik” nennt. Dabei dekliniert er das vom Großen bis ins Kleine hinein durch.

Ob er nun in “Berliner Republik” gleich zu Beginn einen recht amüsanten, aus Fakten zusammengereimten Sozialstrukturatlas des ganzen Landes zusammensingt oder hinab steigt bis in die Küchen des so genannten “kleinen Mannes” und sich mit dem Herrmannkuchen auseinandersetzt. Grebe schafft es einfach immer wieder Momentaufnahmen Deutschlands zu liefern. War sein Programm “1968” noch eher retrospektiv unterlegt, lag dieses Jahr der Schwerpunkt eindeutig auf dem aktuellen Phänotyp von Muttistan. Highlights – das war für mich schon immer so – sind vor allem die Songs, in denen er sich einzelne Personen oder Typen von Leuten vornimmt. Auch 2014 enttäuschte er sein Publikum nicht. Ganz großes Kino diesbezüglich ist die Verschmelzung von “Graf Draculas innerem Monolog” und Volksmusik – “Fürst von Liechtenstein”. Derart pointiert und oberflächlich wertfrei muß man das erst einmal hinbekommen. Oberflächlich deshalb, weil es nicht wertfrei ist. Indem Grebe die Betreffenden und auch sich selbst ordentlich auf die Schippe nimmt schafft er es ziemlich gut beim Publikum seine Botschaft unter zu bringen – man muß halt nur ein bissel mit denken. Andere Beispiele sind der Abgesang auf die “Multitasker” als moderne Lebensform und natürlich das großartige “Art”. Letzteres prangert zwar den Untergang des deutschen Theaters an, liefert allerdings auch gleich mit einen der Gründe – selbstreferenzielle Arthouse-Hippies mit vermeintlichem Pachtvertrag für Intellektualität. Richtig groß ist auch “Berater” – wo der Titel eigentlich schon alles sagt.

Mittendrin im Kanon von Sketchen und musikalisch verhohnepiepelten Versatzstücken der modernen Gesellschaft schwimmen dann so wohltuende Inseln des angenehmen Wortwitzes wie etwa das bei mir auch enorm große Gegenliebe gestoßene “Advent”. Ein Hoch auf die Weihnachtszeit – und zwar 24/7! Bisweilen wird auch gegen den Trend zur Vergutmenschlichung angesungen, indem man hymnisch “Das Ende des weißen Mannes” besingt in dem sich selbiger nicht winselnd und geschlagen dem Ökohippietum ergibt, sondern mit einer boshaften Nonchalance Zigarre rauchend im Frack am Flügel lehnt und seinen eigenen Abgesang mit einem guten Scotch hinunter spült bevor der Vorhang fällt. Nicht anprangern, untergehen mit Würde. Die Kehrseite dieser Medaille schwingt natürlich, wie bei Grebe nunmal üblich, auch wieder im Subtext mit.

Abgerundet wurde dieses Gesamtbild der BRD – irgendwo zwischen Wohlfühlrepublik und GroKo-Irrsinn – mit einem der besten Songs des Abends: “Kokon”. Wenn ein Lied die Bundesrepublik Deutschland sowie Europa im Jahr 2014 perfekt zusammenfasst, dann dieses. Natürlich durfte im Zugabenblock auch “Brandenburg” nicht fehlen – wobei natürlich auch der nötige Schuß Selbstironie nicht fehlen durfte, weil er in der breiten Öffentlichkeit bisweilen auf diesen Song reduziert wird. Der Gastgeberschaft widmete man dann noch “Sachsen”, was zwar logisch scheint, aber beim Rainald und seinem chaotischen Wesen auch hätte ganz anders kommen können. Insgesamt wurde man zum Ende des Abends hin mit drei Zugaben beglückt, was die ganze Veranstaltung inklusive der Pause auf gute drei Stunden und 15 Minuten streckte. Die Kunst bei sowas ist, daß man die Zeit nicht merkt – und so war es auch. Gefühlt war es viel zu schnell vorüber. VIEL zu schnell.

Bevor ich zum Fazit schreite sollen euch noch zwei Songs ans Herz gelegt werden, und zwar wärmstens. Die leisen Töne beherrscht Grebe zweifelsohne genau so gut wie den Schabernack. Dieses Jahr ist “Loch im Himmel” das, was “Lonely Planet” im letzten war: Ein überraschend eingewobener Kloß-im-Hals-Song, der einfach aber genial instrumentiert einen ordentlichen Schuß Moll mit ins Spiel bringt. Ganz großes Tennis! Das andere Lied spielte deutlich mehr in der Klamaukecke seines Könnens. Gekonnt werden in “Dankwart ist Tankwart” inhaltsleere, berechnete Provokation und der eifrige Petitionsblödsinn der Gegenwart auf die Schippe genommen. Demaskierend!

Unterm Strich war die Karte jeden Cent wert – und zwar gleich mehrfach! Auch bin ich heilfroh, daß ich mir die CD geholt habe. Seit Grebe nicht mehr Studioalben raus wirft, sondern gleich das ganze Programm als Livemitschnitt liefert sind die Dinger die optimalen Andenken an einen derart gelungenen Abend. Auch jetzt gerade dudelt die akustische Erinnerung fröhlich im Hintergrund. Sollte der Rainald mit seinem Orchester der Versöhnung demnächst in eurer Nachbarschaft auftreten – zögert nicht, geht hin. Ich hoffe, ich habe noch nicht zu sehr gespoilert, aber es lohnt sich definitiv! Einen unterhaltsameren Abend kann man sich mitunter nur wünschen, aber wohl kaum erreichen. Neben einer gepflegten Zwerchfellmassage und Denkanstößen erhält man zwischen den Zeilen auch noch die Gelegenheit sich vom Meister eine Selbsterkenntnis über sein Heimatland durch die mentale Hintertür vermitteln zu lassen. Vergeßt die so genannten “Comedians”, von denen hat keiner das Format gegen den Rainald an zu stinken. Sollen die mal die Olympiastadien der Republik füllen, Rainald Grebe erfüllt Erwartungen – das ist wesentlich mehr wert.

Wer sich nach all dem Geschwurbel von mir nun fragt, wie Rainald Grebe denn Deutschland in der Gegenwart sieht, der sei auf die Textzeile aus “Kokon” verwiesen, die ich als Einstieg wählte.

PS: Da wir hier nicht im ZDF sind kann man ja auch Werbung machen… und das tue ich hiermit. Hier der Link zum Album. Vielleicht entschließt sich ja der eine oder andere zum Kauf, Grebe ist es einfach wert.

PPS: Mir ist bewußt, daß ich damit Amazon promote und einige das (also Amazon) für böse halten und mich intrinsisch anprangern werden – geht mir aber am Arsch vorbei! Dann schert euch runter von meinem Blogg und lest  “Wild und Hund” – ihr Hippies!