Dienstag, 5. Februar 2013

EIN LIED ÜBER ZENSUR

(Die Ärzte)

Wißt ihr eigentlich, was mir in den letzten 2 Wochen brachial auf die Nerven geht? HEINO! Also jetzt nicht Heino an sich, der geht mir schon länger als 14 Tagen auf den Keks, sondern viel mehr diese bescheuerte Diskussion um sein seltsames Coveralbum. Als ich erstmals davon hörte, daß dieser Typ “Junge” covert und ich dazu noch sein neues Logo sah, da war meine spontane Reaktion “da stecken die Ärzte doch mit dahinter”! Erstens, weil man bei den dreien eh nie weiß, was man erwarten kann und sich daher immer auf das Unerwartete einstellt und zweitens, weil ich Heino einfach nicht zugetraut habe von alleine auf so eine Idee zu kommen. Tja, da hatte ich mich also in beiden Fällen geirrt – kommt vor. So weit, so gut. Ich hatte mich innerlich schon auf ein paar hirn- und inhaltslose Beiträge im TV eingestellt und vielleicht ein oder zwei Interviews mit “Societyexpterten” zur Prime Time die es zu meiden galt. Im Wesentlichen dachte ich aber, daß das Ganze damit dann nach ein oder zwei Wochen gegessen wäre. Als ich dann am gleichen Tag noch erfuhr, daß der Typ ein ganzes Album raus haut mir solchem Covergedöns, da erweiterte ich den Zeitrahmen auf 4 Wochen… aber an der leichten medialen Umgehbarkeit dieses Blödsinns hatte ich immer noch keine Zweifel.

Wäre es bei all dem geblieben, hätte ich auch noch kein Problem damit gehabt. Außerdem ist “Junge” irgendwie dann doch eine witzige Version des Songs – jetzt mal abseits von all dem Mediengedöns. Heinos Version klingt irgendwie dermaßen nach verstaubtem 70er Jahre Wandregal mit ordentlich Moralpatina, daß es geradezu perfekt mit dem Song harmoniert. BFR wollten genau das persiflieren und wer, wenn nicht Heino, kann diesen Verarschungsfaktor effektiv subtrahieren und dabei trotzdem noch auf eine verstörende Art und Weise dermaßen uncool wirken, daß er schon wieder cool rüber kommt?!? Jedenfalls ist meine Meinung zu dem Album einem fundamentalen Wandel unterlegen gewesen. Der anfänglichen WTF – Ablehnung folgte ziemlich schnell eine… eine… nennen wir es mal “wohlwollende Ignoranz”. Soll er doch machen der Knacker, warum auch nicht. Soweit, so gut. Herr Heino (wie heißt der eigentlich mit bürgerlichem Namen? Oder ist der so ne Art schuhplattelnder Fußballbrasilianer, die ja auch nur “Ronaldinho” oder “Zico” heißen?) wäre gut beraten gewesen es dabei bewenden zu lassen. Dieses Album hätte durch die Eigendynamik im Internet schon genügend PR-Fahrt aufgenommen um sich gut zu verkaufen. Dafür hätten schon die Fanbases der gecoverten gesorgt und der eine oder andere Volksmusikheini, der seinem Godfather wutentbrannt die Treue entzogen hätte. Was jedoch geschah, was “promoted” wurde und wird, empfinde ich persönlich als vollkommenen Fehlgriff. Da wurde der “Rockerkrieg” ausgerufen und immer wieder betont, wie schlimm die Anfeindungen der gecoverten Künstler gegen diesen Heini wären, wie übel man ihn bedrohen würde, was man ihm alles verbieten wolle blablablablabla. Schon alleine der Terminus “Rockerkrieg” ist doch lächerlich… denn da gehören immer zwei dazu und Heino einen “Rocker” zu nennen, das ist ungefähr so als würde man Rainer Brüderle der Unterstützung der Emanzipationsbewegung bezichtigen. Hier wurde einfach nur die größtmögliche Distanz zu Heino gesucht und die weisen von den gecoverten Künstlern nun einmal Rammstein und die Ärzte auf was die Außendarstellung angeht. Da wir alle die Verkommenheit der BILD-Zeitung erahnen und uns denken können, daß sie so eine Kampagne nicht ohne Gegenleistung lostreten werden, kann man die daraus entstandene Kampagne getrost einem komplett medienunkompetenten PR-Team von Heino selbst zuschreiben denke ich. Weder von den Ärzten noch von Rammstein habe ich zunächst irgend eine Reaktion auf diesen “Rockerkrieg” gesehen. Und wenn der Boulevard immer wieder betont, wie sehr er angefeindet würde und aber keine “exklusiven Statements” etc. hat, dann muß was faul sein. Bis heute ist DAS HIER die einzig nennenswerte Reaktion in der Öffentlichkeit. Für mich sieht das so aus wie ein “LMAA, Heino!” von Seiten von Rammstein. Sie wissen, daß sie dagegen nix tun können und warum sollte man sich damit noch herum ärgern?!

Da das PR-Team aber nicht zu bekommen schien, was es eigentlich provozieren wollte, wurde eben einfach behauptet, daß die Rockwelt in Rage wäre. Wenn man das nicht getan hätte, hätte man ja das eigene Versagen eingestehen müssen. Außerdem wurde über die Album Promo noch ein gelbes Band mit “das verbotene Album” gespannt. Die Ironie dabei ist, daß ausgerechnet der letzte reguläre Rammstein – Longplayer zwischenzeitlich auf dem Index landete – eine Ehre, für die Heino sicherlich noch lange jodeln müsste. “Verboten” ist da nix, “verzockt” hat man sich im Management schlicht und ergreifend. Man baute einfach auf den pubertären Widerstandshabitus, das Aufbegehren der Protagonisten der Rockmusik gegen bestehende Konventionen. Tja, das hätte zu Frühzeiten der Ärtzte oder Rammstein sicherlich auch funktioniert. Jedoch sind beides mittlerweile Medienprofis mit entsprechenden Beratern und – was wohl die größere Rolle spielt – weit jenseits der 40 angekommen. Denen geht Heinos eingebildete Endlifecrisis doch weit genug am Sitzmuskel vorbei um nicht mit Hasstiraden in den Unterschichtenmedien zu reagieren und dem dann noch eine Bühne zu liefern. Auch hat man, zumindest im Falle von Rammstein, auch den Humorfaktor der Bandmitglieder unterschätzt. Nachdem beispielsweise DAS HIER vor etlichen Jahren zum Internetphänomen wurde, wurde es einfach ins Live-Programm aufgenommen und nicht in Grund und Boden geklagt. Hätte man wissen können, hätte man einplanen können… hat man aber nicht. Und so können wir derzeit den verzweifelten Versuch beobachten, wie das Management den sonnenbebrillten Enzianjodlers einen Skandal zu erzeugen sucht, wo nicht einmal ein Skandälchen ist. Lächerlich und vor allem nervig finde ich das. Das Schlimme ist nur, daß das Album trotzdem Erfolg hat. Ich las eben, daß es die Downloadcharts anführt und mehr Downloads zu verzeichnen hat als die Plätze 2-25 zusammen. Ich bin der Meinung, daß das absolut nichts mit dieser nervigen Kampagne zu tun hat, sondern mit dem Album ohnehin so gekommen wäre. Man hätte sich nur auf die üblichen Dynamiken der Medienwelt und vor allem des Internets verlassen müssen und hätte nebenher noch jede Menge Geld und der Öffentlichkeit Nerven gespart. Wer weiß, vielleicht hätte man dann auch nach ein paar Tagen oder Wochen einem der Gecoverten einen öffentlichen “Fuck Heino” – Kommentar entlocken können mit dem man durchaus was hätte anfangen können. Diese Chance hat man nun aber verspielt und man hat sich noch jede Menge potentielle Käufer vergrätzt indem man das Album übertrieben polarisiert hat. Ich habe mittlerweile Hörproben von jedem Song gehört und es ist eigentlich ganz witzig. Alleine, daß manche Texte plötzlich vorbildlich ausartikuliert werden (Rammstein ausgeklammert, die machen das ohnehin schon immerrrr vorrrbildlich) hat seinen Reiz. Das Konzept “Heino singt Madsen / Peter Fox / undwiesiealleheißen” hat außerdem als solches ja schon einen kleinen Hört-hört-Faktor. Klar ist das kein Album, was langfristig Unterhaltung verspricht oder auch nur ansatzweise so hochklassig ist wie ein vernünftig konzipiertes Coveralbum der Kategorie “eMOTIVE” von A Perfect Circle (für mich nach wie vor das ultimative Coveralbum… bislang habe ich nichts besseres gehört als das! Hört mal in “Imagine” rein – genial!). Das erwartet aber auch kein Mensch. Das Ding ist eine Fingerübung eines festgefahrenen Volksmusikzombies aus dieser Perspektive betrachtet ist “Junge” die perfekte Wahl zur ersten Single), der am Ende seiner Karriere nochmal in den Grenzen der ihm zur Verfügung stehenden Fähigkeiten und Mittel ein kleines Experiment wagen will. Als solches ist “mit freundlichen Grüßen” – das muß ich objektiv eingestehen nach dem bisher Gehörten – durchaus gelungen. Die übertrieben aggressive Promo läuft an sich nicht nur ins Leere, sie macht genau diesen unterhaltsamen, zum Schmunzeln anregenden Eindruck den man gewinnt, wenn man sich erst einmal traut reinzuhören, eher kaputt.

2 Kommentare:

  1. "Junge" finde ich ziemlich amüsant, wobei mir einmaliges Hören dafür völlig genügt. Und den Rest schenk ich mir. Ich wusste gar nicht, dass da so ne Kampagne los getreten wurde. Irgendie war mein erster (und einziger) Gedanke dazu: oh, passend zu Karneval. Das hätte sich ja dann mit dem Aschermittwoch erledigt - wirds wohl auch. Wer sollte da denn Öl nach gießen?

    Grüße! N.

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    1. Heino, indem er bei Wacken auftritt!!!!! Unfassbar...

      LG

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