Dienstag, 29. Januar 2013

HOOKER WITH A PENIS

(TOOL)

Wir waren heute mal wieder in einer Thalia. Das kommt ehrlich gesagt recht oft vor bei uns – zusammen oder jeder einzeln… je nachdem. Aber heute, heute waren wir vor allem wegen der MsPittili vor Ort. Sie brauchte dringend irgend etwas, was genau, das weiß ich nicht mehr. Habe es vergessen. Was ich aber noch weiß, ist, daß sie es bekommen hat. Während sie also durch die Thalia stromerte hatte ich ein wenig Zeit zum stöbern (mache ich auch sehr gern muß ich gestehen). Jedenfalls latschte ich zunächst zur Fantasy-Ecke, den Blutsplatterkillerhinterwaldmetzgerhorrotthrillern und zum Wühltisch. Das ist so etwas wie meine “normale Runde” würde ich sagen. Bei so einem literarischen Gegenwartsrundgang durch die Bücherklitsche bekommt man zudem auch immer einen ganz guten Gesamteindruck von all dem, was man heutzutage so als “in” definieren würde; als “trendy”; als “literarisch fesch” gewissermaßen um mal den Duktus meiner Mutter zu benutzen. In der Vergangenheit haben sich da schon so einige Perversionen offenbart. Beispielsweise die eigene Regalrubrik “Vampire”, die mal quasi aus der Fantasy und Horror – Welt abgetrennt hat und nun als eigene Kategorie führt. Wenn man dann sieht, was da so für Bullshit drin steht, im Regal, dann ist man als Fantasyleser ja schon wieder froh über diese klare Trennlinie zur guten Fantasy. Überall glotzte einen phasenweise dieser debil-süß grinsende Pattinson mit seinem bleichen Teint an und einem wurde ein wenig übel bei dem Anblick. Aber gut, wir waren ja beim Thema “Perversionen”.

Mitbekommen habt ihr es bestimmt alle, seit einigen Monaten ist hierzulande ja die große Sadomasomanie ausgebrochen. Unter dem Titel “50 Shades of Grey” wird sich in Buchform gegenseitig die Knute gegeben bis die gesellschaftliche Moralkonvention um Gnade quietscht. Man könnte es ja abhaken unter “OK, lies es nicht und ignoriere es… ist eh bald wieder vorbei.” So habe ich es im Wesentlichen bisher auch gehandhabt. Aber wenn man das das hier mitten im Wege herumstehen sieht:

Fifty Shades of LMAA

zentral zwischen Eingang und Kasse, also auch noch am allerbesten Verkaufsplatz, dann ist es mit der Zurückhaltung auch ganz schnell wieder vorbei. Da standen ein paar Schuber, die den Aufdruck “Trilogie” trugen. “Trilogie”… “TRILOGIE”!!! “Trilogie” ist ein heiliges Wort für jemanden wie mich. “Star Wars (alt)” war eine Trilogie, ebenso wie “Star Wars (neu)” (die 6 Filme als Gesamtwerk zu bertrachten verbietet sich irgendwie… dazu sind die neuen Filme einfach nicht gut genug). Oder “Der Herr der Ringe” – auch ne Trilogie. “The Godfather” – Trilogie; “Matrix” – ebenfalls ne Trilogie usw.. Alles was “Trilogie” heißt, ist auf seine Art legendär, bahnbrechend, hochqualitativ und großartig… bis jetzt zumindest. Ich kenne ein paar Leute die “50 Shades of Grey” gelesen oder angelesen haben und keine/r von ihnen hat im Zusammenhang mit dem Ding von Großartigkeit im engeren Sinne gesprochen. Dieses Peitschen im Walde der Softpornoindustrie als “Trilogie” zu verkaufen ist für mich zutiefst verachtenswert. Aber noch schlimmer sind die Trittbrettfahrer, die Nachahmer und ihre Plagiate, die eins fix drei auf den gerade auf den Bedeutlungsabgrund zurasenden Lack- und Leder- Trendzug aufspringen und das, was ohnehin schon recht dünn ist noch weiter verwässern. Die, die auch Bücher über irgendwelche frustrierten Hausmuddis verfassen, die sich vom 20 Jahre jüngeren Latinolover im Hobbykeller fleißig die Gerte verabreichen lassen während der Angetraute kegeln ist. Charakteristisch für diese Abschriebe ist doch immer, daß sie bodenlos unverschämt all das, was die Literatur(hobby)päpste dieser Welt so als “Erfolgsrezept” der Originale herausphilosopiert haben nochmal wiederkäuen und weiter verwässern. Wer jetzt mit 50 Shades durch ist und nach weiterer Ball-im-Mund-und-bei-jemandem-namens-“Zed”-im-Keller-an-einen-Stuhl-gefessel-sein-mit-“Hinkebein”-Action sucht, der greift dann wahrscheinlich zu so einem Machwerk von einem dieser Sadomaso”chinesen”. Egal wie geistig arm der Erschaffer von so einem schwulstigen Pamphlet dann ist, er verdient noch mal kräftig am Erfolg anderer mit. Verachtenswert finde ich das. Dabei können die Autoren wahrscheinlich weniger dafür als die Verlage, die dann plötzlich jeden Schreiberling verpflichten, in dessen Manuskript ein bis zwei Reitgerätbehandlungen für den einen oder anderen feisten Mittelstandsarsch vorkommen. Ich fand das schon bei “Twilight” unmöglich und bei der semipornographischen Schmerzliteratur finde ich es sogar noch schlimmer.

Was mich aber auch mal interessieren würde ist, wer diese Dinger kauft. Es ist mit den “50 Shades of Grey” Büchern ja ein bissel wie mit der FDP – die nackten Zahlen beißen sich damit, daß es hinterher wieder keiner gewesen sein will. Sagt man, bevor man was zur FDP äußert, präventiv schon mal “Also ich hab die ja nicht gewählt, aber…”, so läßt man bei den Büchern gerne mal “… ich hab das nicht gelesen, aber….” einfließen. Es wissen erschreckend viele Leute bescheid, dafür daß keiner sich das Buch gekauft haben will. Die, die es gelesen haben, haben meist “nur mal angelesen” oder sind “nach hundert Seiten abgestorben, weil es langweilig wurde / nichts für mich ist”. Interessant, oder?!? Die, die man über diese Bücher reden hört und sieht, sind dagegen meist jenseits des Alters und Lebensstils, den man vorrangig mit peitschenknallender Schmerzerotik in Verbindung bringen würde. Irgendwelche Mittelschichttrullas mit Dauerwelle und Hausfrauendasein im Haupterwerb, die sich beim Sektchen dann mit ihren Gleichgestörten über die angemessene Züchtigung des Familienoberhauptes unterhalten – “wie im Buch” halt. Die Wahrheit sieht vermutlich ohnehin ganz anders aus, aber man kann sie halt mit derlei “regelbrechendem” Scheindiskurs ja optimal kaschieren. Bringen wir das, was neben der scheinheilig als “Tabubruch” gehypten Dauerpräsenz zweitklassiger Literatur (“Twilight” ausdrücklich mit eingeschlossen) am nervtötendsten an den Büchern ist mal auf den Nenner:

Mit “50 Shades of Grey” ist es nämlich wie mit Fußball: Die, die am wenigsten Ahnung davon haben, reden am begeistertsten darüber.

PS: Bücher kann man bei Nichtgefallen nach ein paar Tagen schon im lokalen Bücherschrank entsorgen – mit der FDP geht das leider nicht, wenn man sich ein Mal verwählt hat.

3 Kommentare:

  1. Ich bin ja immer sehr empfänglich für Trends, aber nach einer Textprobe von Shades of Grey hab ich dankend abgelehnt. Obwohl... hab nicht gedankt. Hab's einfach nicht gelesen - kam mir vor wie diese 2 Mark 80 Heftchen, die immer im Aufsteller neben den Lustigen Taschenbüchern steckten. Die mit den lüsternen Muskelprotzen drauf und den üppigen Weibsbildern in aufgeplatzten Dirndln.

    Wenn ich mir aber meine Blogroll so ansehe erfeut sich die Reihe großer Beliebtheit - und da steht auch jede Bloggerin zu :D

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  2. Wer es mag. Ansonsten sage ich nur, der Gentleman genießt und schweigt. Und das gilt gleichermaßen für dir Lady.
    Ich fühle mich auch sehr angenervt von diesem Dingsbuch. Schlimmer als feuchte Gebiete. Wenn es wenigstens richtig sumpfig wäre.

    Grüße! N.

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  3. Die Bücher gehen gar nicht an mich. Vielleicht bin ich ja prüde. Ich würde sagen eigentlich nein, aber wer weiß... ;)

    LG

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