Donnerstag, 10. Januar 2013

THE PHARAOH SAILS TO ORION

(Nightwish)

Es wird mal wieder Zeit für ein unschönes Beschwerdeposting; ein Posting, das den Geist des ewig mies gelaunten, soziopathischen Meckerrentnertums atmet und nicht nur Mißstände, sondern auch die Mitmenschen rigoros anprangert und in Verruf bringt. Hintergrund – was schon fast ironisch ist – sind eben jene Rentner.

Gestern war ich mit MsPittili erstmals im Jahr 2013 im Stadtbad um ein wenig zu schwimmen. Während die MsPittili in Finnland war, nahm ich für meinen Teil ja das regelmäßige Bahnenziehen wieder in meinen Wochenplan auf und habe mich bei dieser Gelegenheit schon mehrmals leicht echauffiert über die Knispelschwemme in der städtischen Planschbude. Im Vergleich zu gestern war das aber alles nur Pippifax. Grundübel ist die Umdeutung der Realität, welche Menschen ab 65 in vergnatzter Ignoranz der tatsächlichen Gegebenheiten bisweilen vornehmen. Wenn da steht “Rentnerschwimmen 07:00 – 09:00 Uhr”, dann liest der greise Geist “Rentnerschwimmen GANZTAGS”. Geht man nun gegen 17 Uhr ins Schwimmbad, dann herrscht da immer noch ein Durchsschnittsalter weit jenseits der Frühverrentung. Das wäre ja noch zu verschmerzen, wenn das quantitative Auftreten der Graukappen im unteren bis mittleren Bereich verweilen würde – tat es gestern aber nicht. Statt dessen war die ganze Halle derart überfüllt, daß an einen regulären Bewegungsdrang von uns durchschnittlich begabten Wassersportlern schlicht nicht zu denken war. Man mußte förmlich Slalom schwimmen durch die im Wasser vor sich hin siechenden Granufinken. Nachdem wir ein paar Bahnen gezogen hatten, was man eigentlich aber nicht so nennen konnte, weil man alle 5 Meter entweder ausweichen oder abbremsen mußte, resignierten wir und wichen in den ungenutzten Nichtschwimmerbereich aus. Dort konnten wir zumindest kurzzeitig quer schwimmen und/oder tauchen und ein paar Bahnen mal richtig ungestört durchziehen. Nachdem ein paar andere frustrierte Langstreckler uns sahen und dies kopierten (was man ihnen nicht vorwerfen kann), war aber auch dieser Spaß praktisch vorbei. Ich machte mir aber schon vorher, als wir unsere Slalomsession durch die morschen Figuren zogen, ein paar Gedanken zur Typologie der Wasserknispeln und extrahierte daraus einige verstärkt auftretende Arten des “seniorus hydra nervensis”.

1. “Der bebierkesselte Bojenknacker”

Diese Sorte war gestern weit überdurchschnittlich vertreten. Phänotypisch sind sie sehr markant. Einer kahlen Murmel, welche von einigen langen Strähnen grauen Haupthaares umspielt wird (-> im trockenen Zustand höchst wahrscheinlich der “Herüberkämmung” dienend) versucht ein ebenso grauer, bisweilen stattlicher Schnurrbart eine gewisse ästhetische Aufwertung zu verleihen. Dies scheitert im Übrigen kläglich. Die schwarzen Strähnen über dem Philtrum schreibt man vollkommen zu Recht einem Büschel ca. 7cm langer Nasenhaare zu, welche selbstbewußt in den senilen Pornobalken mit eingearbeitet werden. Besonderes Merkmal dieser Figuren sind ihre… Figuren. Man fragt sich beim Anblick der beachtlich geblähten Wänster, was ein ansonsten relativ normal gebauter Mensch tun muß, um eine Bauchregion vom Aussehen eines Medizinballlagers zu erlangen. Vereinfacht kann man sich einen Ball mit Armen und Beinen vorstellen, der schnaufend im Wasser liegt und es trotz des vermuteten Auftriebs, welchen diese Wampe erzeugen muss, dennoch schafft fast senkrecht im kühlen Nass zu schweben während er sich mit ca. 5 Metern pro Minute voran schiebt. Bevorzugter Schwimmstil ist etwas, was man noch gerade so als Brustschwimmen erkennen kann, dessen Wirkungsgrad aber durch den eigenen CW-Wert dem Heizwert von Wassermelonen gleicht. Die Alphatiere dieser Spezies erkennt man am Goldkettchen oder daran, daß die typische Spandex-Badehose mit einem Rallyestreifen optisch aufgewertet wird. Alleine auftauchend noch bequem zu ignorieren, im Rudel aber unerträglich, da innerhalb der eigenen Art sehr kommunikativ. Dies drückt sich durch benachbartes Umherschwimmen aus, wobei die Individualgeschwindigkeit aber erneut halbiert wird. Man wundert sich, daß die sich in dem Tempo überhaupt noch über Wasser halten können. Als Katalysator für die Grüppchenbildung des “bebierkesselten Bojenknackers” mit seinen Artgenossen dienen plötzlicher Harndrang (Wassertemperaturerhöhung im Vorbeischwimmen deutlich wahrnehmbar) oder junge Frauen in neuester Bademode im vom Wampenwaldemar noch optisch noch wahrnehmbaren Bereich. Dann steht ein halbes Dutzend dieser Typen “unauffällig” (<- wird die Ironie hier auch deutlich genug?!?) beisammen und gafft. Pfuideibel!

2. “Die beleibte Rüschenmatrone(n)”

Phänotypisch fast so etwas wie das Weibchen von Typ 1 – nur mindestens doppelt so dick -, modisch aber mit einer gewagten Varianz. Statt der Spandex-Badehose wird hier zum Badeanzug in überraschend knalligen Farben und mit angedübelten Rüschen gegriffen. Wenn man die überholt, denkt man permanent man schwimmt gerade zu weit raus. Optisch sieht das unter Wasser (einer der Nachteile einer Schwimmbrille) ein wenig so aus wie die böse Hexe bei “Arielle die Meerjungfau”. Hinzu kommt der Hang zum Auftreten in Grüppchen. Zumeist treten sie paarweise auf und schleichen nebeneinander durchs Wasser. Ob der beachtlichen Körperfülle fällt das gezielte Umschwimmen eines solchen Duos dann doch recht schwer – zumal man dann oft mit einem entgegen kommenden Typ 1 oder 3 kollidiert. Hat man sich dann zum Überholvorgang entschlossen und diesen eingeleitet, bereut man es. Wassersport hat die Tücke, daß man atmen muß. Tut man aber dies während man gerade an zweien dieser Gestalten vorbei stürmt, schlagen die wohl als Lockstoffe gedachten, jedoch als chemische Keule wirkenden Auswurfprodukte der petrochemischen Phenolindustrie zu. Aus den bedauerwellten “Frisuren” strömt der beißende Tod kriechend über die Wasseroberfläche und bestraft einen für die eigene Vermessenheit, daß man annahm, tatsächlich schneller schwimmen zu können als diese beiden rubensschen Hochleistungstorpedos. Ich habe es gestern versucht und mußte erst einmal einen halben Liter Chlorwasser schlucken und den Geschmacksmischmasch aus 4711 und Haarspray wieder los zu werden. Und als das gelungen war, kamen die mir schon wieder entgegen. Das GRAUEN… das GRAUUUUUUUUUEN!

3. “Der Rückenschwimmer”

An sich eine schöne Art der liquiden Fortbewegung. Ruhig im Wasser liegend pflügt man sich elegant und rücklings durchs Wasser und kann hin und wieder einen kleinen Zwischenspurt einlegen. Ich mag Rückenschwimmen, aber ich mache es selten… AUS GRÜNDEN! Wenn ein Schwimmbecken ohnehin schon überfüllt ist, finde ich es unglaublich bescheuert, stur seine Rückenschwimmerbahnen zu ziehen und einfach mal voraus zu setzen, daß der Rest der Anwesenden schon ausweichen wird. Man selber sieht ja nicht, was da hinter einem los ist. Da die gemeine Rüschenmatrone zudem meist gleichzeitig Typ 4 entspricht, sind das meistens Männer. Männer um die 60. Da ich schon ne Weile schwimmen gehe, kenne ich zwei besonders penetrante Vertreter dieser Spezies – einer von ihnen war gestern auch da. Ohne Rücksicht auf Verluste wird sich da umgedreht und der bojenförmige Wanst treibt träge nach oben, während die verdörrten Ärmchen hilflos nach hinten geworfen werden. Für den Vortrieb sorgen die mäßig und arhythmisch strampelnden Beine. Alles in allem ein bemitleidenswerter Anblick, schaut man dem Delinquenten aber während seinem schändlichen Tun ins Gesicht, so meint der da etwas ganz besonders Tolles, ja Einzigartiges zu tun. “Sehr her, ihr Rüschenmatronen, ich kann Rücken!” Er hält sich offensichtlich für das Alphatier der Doppelherzoholiker. Wenn einem nun einer dieser mit den Armen seitlich (!) ausschlagenden Egomanen entgegen kommt, dann hat man keine andere Wahl als auszuweichen. Wenn man nicht kann, weil rings herum lauter andere Rentner mit dem Auftrieb kämpfen – Pech gehabt. Wird man dann gerammt oder er erwischt einen mit seinen hilflos rudernden Ärmchen am Bein während man sich in letzter Sekunde noch aus der Bahn retten kann, auf der er treibholzgleich unterwegs ist, dann wird man empört angeschaut nach dem Motto “Was erlaubt der sich?!?” Den eigenen Egozentrismus erkennen die nicht.

4. “Der Trockenkopf”

Rein theoretisch eine Sonderform von Typ 1 und 2, wobei praktisch eher bei den älteren Damen anzutreffen. Ich habe da ja ein Theorem: Coole Omis haben ne Badekappe, richtig coole Omis tauchen sogar. Und Typ 4? Typ 4 sind sozusagen Großmeister der Logik. Wenn ich nicht will, daß meine Haare naß werden, was mache ich dann ganz bestimmt als allerallerallerallerallerallerALLERletztes?!? Röchtööööch: Schwimmen gehen! Die machen das aber. Bevorzugt sind das dauergewellte Schachteln mit diesem Rentnerlila im Skalp (ihr kennt doch diese Standard-Omi-Farbe, oder!?). Mehr als Brustschwimmen ist natürlich nicht drin, dafür wird der Schädel aber kerzengerade und in schon fast überheblicher Manier in die Höhe gereckt. Wenn auch nur eine Nackenlocke Wasserkontakt hat wird das als persönliche Niederlage empfunden und jeder ihnen entgegen kommende oder sie überholende Schwimmer wird unverzüglich als Gefahr für den zusammengestümperten Schädelbewuchs erkannt. Überholt die mal und wagt es eine Bugwelle oder einen unbedachten Planscher in ihre Richtung zu schicken… wenn die könnten, würden die euch mit den Todesblitzen des Imperators an Ort und Stelle braten. Den Blick eines Sith haben sie ohnehin schon drauf. Wenn sie wüßten, daß ihre bloße Anwesenheit und das krampfhaft über Wasserniveau gehievte Haupt eine der Stimmen in meinem Kopf die ganze Zeit nur sagen lassen “Arschbombe!!! Arschbombe!!! ARSCHBOMBE!!!” – ich wäre praktisch tot.

Hinzu kommen noch ein paar Sonderformen, auf die ich hier nicht weiter eingehen will – vielleicht ein anderes mal. Aber stellt euch einfach einen 40 Mal 20 Meter großen Schwimmbereich vor (wie gesagt: Nichtschwimmerbereich war leer), auf dem sich je Quadratmeter Wasseroberfläche gefühlt jeweils eine dieser Lebensformen tummelte. Wenn man da dann als schwimmfähiges Wesen mit einem gesunden Bewegungsdrang durch will um zumindest sein Minimalziel zu erreichen… nee, vergeßt es. Man ist nach 20 Minuten Giftgasmopsmatronenkugelbauchrückenschwimmerbeckenpinklerslalom derart demotiviert, daß man am liebsten irgend was angenehmeres tun will. Darmspiegelung oder so… !

6 Kommentare:

  1. Ich war seit drei Jahren nich mehr in meinem Stadtbad - aus genau den Gründen, die du in 1. bis 4. so treffend geschilderz hast. Pfui deibel!

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  2. Schlimmer als das Chlorwasser. Ich weiß schon, warum ich Nichtschwimmer bin, ähm, jedenfalls indoor.
    Ich drücke die Daumen, dass es ein Ausnahmetag war.

    Grüße! N.

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  3. Ich liebe diesen Post! Mehr als allen anderen gebühret ihm die Ehre der Verlinkung! Morgen oder so :D

    Die Meereshexe heißt Ursula und zu jedem deiner Typen hatte ich DIREKT ein Bild vor Augen. Wahnsinn :D So treffend!

    Punkte 1-4 sind der Grund warum ich nicht mehr schwimmen gehe. Bei uns gibt es zwar (übrigens im 50 Meter Becken) am Donnerstag Abend "Disco Schwimmen", also Licht aus, Lichtorgel und Partymukke an und da kommen die Rentner dann lieber doch nicht hin, allerdings muss man sich da dann mit balzenden Jugendlichen auseinandersetzen... ein eigenes Schwimmbad wäre toll ;)

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  4. Ich finde die Idee von Alice auch gut, ich will auch mein eigenes Becken, da nehme ich auch 25m Becken...

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  5. Tja, auch uns hat so ein Krampfaderngeschwader aus dem Bad vertrieben. Hmmm... Mittlerweile müssten die tot sein. Vielleicht wage ich mal wieder einen Versuch. Und Chlorwasser aus dem Becken trinken? Niemals! Die hatten zwar immer Getränke am Beckenrand stehen, aber NIE NIE NIE in den fünf Jahren habe ich da auch nur eine auf das Klo gehen sehen. Das sind schwimmende Entlackungsanlagen.

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    1. Ohne dich entmutigen zu wollen... da treten zwar einige ab, aber es rücken auch welche nach ;)

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