Donnerstag, 24. Oktober 2013

DEFENDER OF THE OLEANDER

(Brant Bjork)

Als wir vor einer knappen Woche gen Dortmund fuhren, da hatten wir naturgemäß jede Menge Zeit, die es mit akustischer Begleitung zu füllen galt. Klar, Pearl Jams “Lightning Bolt” und die frisch eingetroffene “Last Patrol” der Space-Rock-Granden Monster Magnet waren mit an Bord, jedoch schalteten wir hin uns wieder auch das Radio ein um ein wenig Abwechslung zu haben. Was wir da aber im Nachrichtenblock hörten, das verschlug uns fast die Sprache… ein Skandal un-fass-ba-ren Ausmaßes erschüttert derzeit die Republik! Gut, ich werde jetzt nicht über den Protzbau zu Limburg oder den Bauherren herziehen, auch der NSA Skandal ist mir in diesem Beitrag völlig wumpe (außerdem ist der laut Herrn Pofalla ohnehin längst beendet). Nein, was uns der Radiomoderationsnachrichtenhandlanger der hessischen Sendeanstalt da mitteilte war noch viel schockierender!

OSTEUROPÄISCHE BANDEN ERNTEN IN DEUTSCHEN WÄLDERN PILZE

(aus rein dramaturgischen Gründen habe ich da den Artikel der verabscheuungswürdigen BILD-Zeitung verlinkt… der klingt einfach besonders absurd)

Pilz-Mafia? Busse? Osteuropäische Banden??? Sehr schön… und vor allem vollkommen plemplem! Ich persönlich gehe nicht in die Pilze, aus reiner Vorsicht. ICh kenne mich mit den Dingern nicht aus und bevor ich mir einen schönen zwölfkonolligen Stinkwurzblättergiftling schmore, statt einen lecker Steinpilz, lasse ich es lieber ganz. Allerdings gehe ich gerne in den Wald, angeblich der natürliche Lebensraum der Pilze… so sagt man, und da fiel mir letztens auf, daß da an allen Ecken und Ende Pilze sprießen. Faszinierend war das. Ich will jetzt nicht leugnen, daß da der eine oder andere Polenbus in der Eifel einrollt und die Steinpilze dem Marek anheim fallen, statt von einem ordnungsliebenden, rüstigen deutschen Rentnerpaar am Sonntag nach Ururomas Rezept angebraten zu werden. Nur: Ist das wirklich schlimm? Schränkt das unsere Lebensqualität spürbar ein? Also meine nicht! Diese Panikmache… das ist doch lächerlich; da werden Schlagzeilen herbei geschmierfinkt, die kein Mensch braucht. Soll man die Verfolgung doch den Behörden überlassen und gut ist. Aber nein, sicherheitshalber wird dem deutschen Michel, der treu und brav  an seiner Nachrichtenquelle hängt aber erst einmal das Gefühl gegeben, daß “sein” schönes Land wieder einmal in höchst krimineller Art und Weise vom ehemaligen Ostblock ausgebeutet wird.

Man stelle sich mal die armen, armen Rentner vor, die in ihrer raren Freizeit mit dem mühsam von Munde abgesparten Daimler (den sie danach auch noch waschen und wachsen müssen, schließlich verließ er mehr als 5 Minuten die schützende Garage) gen Waldesrand begeben. Das gute Stück wird dann behutsam am Rande eines Waldweges abgestellt und mit einem Lenkradschloß gesichert. Oppa hat den Hosenbund stramm unter den Achseln eingehakt und die Gummistiefel blank gewienert, während Omma eine Muster von Gartenhandschuhen, Kopftuch und Flechtkorbpolsterung akribisch aufeinander abgestimmt hat. Als sie dem Wagen entsteigen weht jeweils eine Brise von 4711 Cognac ins Unterholz. Dann wird vom Herren noch schnell die Survival-Weste aus dem Kofferraum geholt und staatstragend ein im Verhältnis zur angepeilten Beute und deren Wehrhaftigkeit lächerlich großes Rambomesser an den Gürtel geschnallt (wie schon erwähnt: Achselhöhe…). Alsdann wird der 1935 erschienene Pilzführer gezückt und hoch erhobenen Hauptes ins Gehölz geschritten. Die Gleitsichtbrille funkelt in der spärlich durchs Blätterdach brechenden Herbstsonne, als der Oppa seiner Gattin belehrend aus dem top aktuellen Pilzleitfaden vorträgt und bei Erwähnung eines Giftpilzes die Stimme leicht anhebt. Der Zeigefinger der freien Hand folgt diesem Beispiel dabei unwillkürlich. So stapft man dann in trauter Zweisamkeit durch den Forst, die müden Augen stets auf den Waldboden gerichtet, damit einem ja kein moosgrüner Tarnkäppling entwischt – sofern er essbar ist selbstverständlich. Sobald der erste Pilz gefunden, wird sich bedeutungsschwer neben diesen gehockt, ein paar mal im Führer umher geblättert und dann die betreffende Eintragung verkündet. Etwa so:

“Der seltene grauschleimige Kotzwürgling, Vertreter der Familie der fungi örksolum, ist in deutschen Wäldern nur noch ein seltener Gast. Kennzeichen sind die feinen Lamellen an der Unterseite der bis zu 45 Meter im Radius erreichenden, rotgrünen Kappe. Er ist essbar, sollte jedoch stets am Stück zubereitet und nur behutsam gewaschen werden. Der grauschleimige Kotzwürgling bevorzugt Mischwälder mit leicht saurem Boden.”

Daraufhin wird dann entweder der Dolch aus dem Gürtel gezerrt und die erste Beute des Tages radikal vom Waldboden geschnitzt, oder man beläßt es beim Vortrag und weist auf ein vor einem liegendes “Feld von feinsten Speisepilzen” hin, das man noch selber als Kind von Wilhelm II. empfohlen bekam und das nur “wenige hundert Meter” vor einem liegt. Daraufhin setzt man sich knirschenden Skelettes wieder in Bewegung und… jetzt kommt der Knackpunkt: findet nichts! Nichts, außer hunderten von Steinpilzstümpfen und einem Dutzend leerer polnischer Zigarettenschachteln. Entgeistert kehrt man leeren Korbes zum Benz zurück und muß auf der Heimfahrt, auf der man auch noch von 25 überholenden Saporoschs fast von der Straße gedrängt wird, im Radio die Kunde vom Pilzkartell hören. Nein, das ist nicht schön. Die armen Rentner! Erst keine Pilze, was bedeutet, daß man von “der kleinen Rente” wieder nen Zwanni für Dosenchampignons und Tütensoßen abzwacken muß, und jetzt wird ihnen noch dieses schändliche Treiben verkündet. Der ruhmreiche deutsche Pilz, der stolz in der heimischen Muttererde sprießt und sich in Größe und Schmackhaftigkeit dem Rentner schon fast aufdringlich entgegen reckt um endlich gekappt und von seinem Landsmanne verzehrt zu werden, der wird zweckentfremdet! Marodierende Horden, die sich durch diese schreckliche EU auch noch legal im Bundesgebiet aufhalten, fallen geifernd in den Wäldern ein und entreißen dem deutschen Waldboden seine kostbarsten Früchte. Wahrscheinlich haben diese Verbrecher nicht einmal einen Pilzführer dabei um zwischendurch mal nachzuschlagen. Ein Skandal! Und wenn dann der rechtschaffene, im wohl verdienten Ruhestand dahin darbende Teutonenknispel mit seine Walküre ins Gehölz schwebt um von den rechtmäßig ihm gehörenden Heimatpilzen ein Körbchen abzusäbeln, dann geht der unverrichteter Dinge wieder nach Hause… pilzlos und blamiert. Da muß man sich doch aufregen! Und dann verkaufen die “unsere” Pilze auch noch in Südeuropa. SÜD-EUROPA!!! Egal wie pleite man ist, aber den geraubten deutschen Pfifferling, den kann sich der Mediterrane scheinbar immer noch leisten. Wahrscheinlich lacht er laut schallend über die blamierten alemannischen  Fungusloser, während er er sich feist grinsend seine Steinpilzpaella in die Fressluke schaufelt. (Ist ja ohnehin schon seit Jahrtausenden ein Nationalgericht in Spanien, Italien UND Griechenland: Deutsche Steinpilze.) Kein Wunder, daß die Rentner renitent werden hierzulande! Unhaltbare Zustände sind das!

Naja, oder eben auch nicht!

Was mich neben der ganzen bekloppten Effekthascherei der Meldung am meisten nervt ist der mittlerweile typisch deutsche Reflex, alles gleich “Mafia” zu nennen. Immer, wenn irgendwo was nicht stimmt: “Mafia”! Es steckt immer gleich ne “Mafia” hinter allem; ich warte ja noch auf die Headline:

“HORRORWINTER 2014: Schnee im Januar – steckt die FLOCKEN-MAFIA mit Petrus unter einer Decke?! – BILD fragt nach!”

Unter “Mafia” machen wir es gar nicht mehr. “Pilz-Mafia”, das klingt so was von bescheuert! Sorry, aber wie soll ich mir das bitte vorstellen? Sitzt da Don Fungus in einem schweren Ledersessel im Zwielicht seines abgedunkelten Büros und streichelt ein Kätzchen, während er seinem abtrünnigen Top-Pflücker mit kehligem Tonfall fragt “Marek, was `abe ich dir getan, daß du mir keinen Respekt zollst?” Wenn dieser Marek dann das Büro gesenkten Hauptes verläßt, bekommt dann der Conseliere mit einem kurzen Nicken den Befehl, “die Sache zu regeln” und Marek schläft alsbald “bei die Fissssssche”?? So ein Kokolores!

Diesen metaphorischen Dünnpfiff kann die Presse getrost stecken lassen. Pilze haben ohnehin nur eine Daseinsberechtigung für mich: In einer leckeren, deftigen Pilzsoße, die sich dampfend über ein saftiges Stück wild schmiegt! Erst wenn die Polen in ihren Moskvitschs dutzendweise Rehe und Wildschweine nach Spanien exportieren, DANN darf die Presse mich gerne aus meinem LMAA-Schlaf wecken, früher nicht!

Waidmanns Heil!

1 Kommentar:

  1. Gestern kam ein Bericht dazu im BR bei quer. War wirklich interessant. Die Österreicher machen da regelrechte Straßenkontrollen und es wurden Bilder gezeigt, auf denen Autos zu sehen waren, die regelrecht ausgehöhlt wurden. Da waren in jeder Ritze, in jedem Sitz Pilze drin!!!! Unfassbar....

    LG

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