Freitag, 4. Februar 2011

HURT


(NIN)

Mal eine Frage an die Männerwelt! Woche für Woche sitzt das halbe Land vor der Flimmerkiste und zieht sich gemeinschaftlich die Sportschau rein. Man lässt die grenzdebilen Kommentatoren der einzelnen Begegnungen und sogar diesen Steinbrecher über sich ergehen, nur um fußballerisch auf dem neuesten Stand zu sein. Dazu gibt’s dann noch den „Stargast“ den der Töpperwien wahrscheinlich persönlich und unter Zuhilfenahme einer Keule aus einem Stadion seiner Wahl entführt hat, der gegen ein Mitglied des gemeinen Plebs, welcher die Zuschauerränge bevölkert, an der Torwand antreten darf.
Überhaupt ist es rein soziologisch betrachtet alles höchst interessant, beim Sportstudio mal das Publikum zu analysieren! Da sitzen gutbetuchte Mittfünfziger mit ergrauter Popelbremse, dicker Rolex und güldener Gleitsichtbrille im FC Bayern-Shirt neben Gestalten, die man so seit 1989 nicht mehr in freier Wildbahn gesehen hat (Vokuhila, hellblauen Gummibund-Jeans, darin brauner Gürtel, hoffnungsloser Überbiß und Pornobalken; oder kurz: SCHALKER!) und gucken „fachkundig“ in Richtung Bühnendeko. Im richtigen Leben würden die sich wahrscheinlich gegenseitig nicht einmal mit der Beißzange anfassen, hier hat der große Schicksalsgott Temporalarmor gespielt und den gehobenen Mittelstand für 90 Minuten ans Präkariat geschmiedet. Konversationen unausweichlich. Wenn dann aber der Verein eines der stolzen Trikotträger eine böse Klatsche fängt, wird er von der Hälfte der Zuschauer nach dem Spielbericht mitleidig angeguckt. Die andere Hälfte kann ihre Häme angesichts des eben erlittenen 0:7 beim Tabellenletzten allerdings nur schwer verbergen. Der Betroffene setzt dann zumeist eine Mine auf, die sekündlich zwischen Trotz und Stolz zu schwanken scheint. Sein leicht angewässerter Blick drückt dann immer ein „jetzt erst Recht!“ aus. Angesichts der jeweiligen Tabellensituation ist dies aber meist nur das Pfeifen im Walde. (Anders verhält es sich natürlich, wenn die Bayern die Klatsche fressen, dann steht deren Fan im Studio ganz alleine da und kann sich nur noch mit seiner Rolex trösten). Ja, schon interessant dieser Mikrokosmos „Sportstudio“. Man hat auch immer das Gefühl, daß der Moderator (besonders wenns der Michael „mein zweiter Vorname ist Glätteisen“ Steinbrecher ist) nie wirklich schafft das Publikum auf seine Seite zu ziehen; nicht wie ein Günther Jauch es dereinst beherrschte. Irgendwie wird der eher skeptisch beäugt als bewundert, dieser Störenfried zwischen den Spielberichten! Na gut, aber darüber will ich mich eigentlich nicht weiter echauffieren, denn wie wir ALLE wissen, ist das Sportstudio eh nur zweitklassig, wenns um fußballerische Fachkompetenz geht. Das liegt einerseits an diesen nervtötenden Reportern, die im Privatfernsehen wahrscheinlich nicht mal Softpornos vertonen dürften mit ihren nervigen Quäkstimmen, andererseits liegts aber auch an der übermächtigen Konkurrenz. Tja, am „DOPPELPASS – DER XY – EXPERTENRUNDE“ auf Sport.1 kommt halt nix und niemand vorbei. Lang lebe Udo Lattek!
Aber darum geht’s hier eigentlich auch nicht, sondern eigentlich wollte ich mal die Frage in den Raum stellen: Was sind eigentlich „die Adduktoren“? Ich meine, jede Woche liest und hört man, daß sich einer dieser frühreifen Ballschänder eine vierwöchige Zwangspause eingehandelt hat und die profane Begründung lautet dann „hat Adduktoren“ oder „Adduktorenprobleme“. NOCH verwunderlicher ist dann aber, daß wir das so hinnehmen, ohne mal nachzuhaken, was so ein Adduktor eigentlich ist. Mein Aha-Erlebnis diesbezüglich ereignete sich gestern Morgen. Vor der Arbeit noch den Frühstückskahvi genäppelt und nebenbei den Kicker der Vorwoche durchstöbert (brauche früh etwas möglichst Sinnleeres als Lektüre) und da tauchte es wieder auf: Spieler XY ausgewechselt (Adduktoren)! Mal ehrlich: wer von euch kann auf Anhieb zuordnen, was „Adduktoren“ sind?!? Seht ihr, bis auf euch beide mit medizinischem Hintergrund NIEMAND! Von den Männern wahrscheinlich KEINER! Ich konnte es jedenfalls auch nicht und warf mal google an. Und siehe da, Adduktoren sind wie folgt definiert:

Ein Adduktor („Hinführer“) (v. lat.: adducere „hinführen“, „hinziehen“) ist ein Muskel zum Heranziehen eines Körpergliedes. Adduktoren gehören zu der Gruppe der Skelettmuskeln. Ihre Antagonisten („Gegenspieler“) sind die Abduktoren. Die Muskeln der Adduktorenloge des Oberschenkels ziehen beispielsweise das abgespreizte Bein zurück in die Ausgangslage.

                                                                                                                  (Quelle: Wikipedia)

Guck an, „Hinführer“ sind es also und am Ende scheinbar auch nix weiter als „muskuläre Probleme“. Wenn sich einer ne profane Oberschenkezerrung holt, sagt man doch auch nicht „Verletzung an den Abduktoren“, nein, dann heißt es „Zerrung“. Warum dann also diese Extrawurst? Warum diese Irreführung? Wenn man „Adduktoren“ erstmals hört, denkt man ja, dem armen Kerl fällt bald das Bein ab, well der Doc nicht unverzüglich Ambrosia spritzt; man kommt gar nicht auf die Idee, daß das gar nicht so schlimm ist. Das mag vor allem daran liegen, daß man alles, was einen lateinischen Namen trägt erstmal für „kompliziert“, „wichtig“ und „medizinisch Komplex“ hält. Andererseits liegt es aber auch an der Masse von „Adduktorengeschädigten“, die Woche für Woche auf die Auswechselbank hinken. Mich wundert es, daß man noch keine Epidemie ausgerufen hat, ähnlich der Vogelgrippe; „ Pandemie Ad-dukt-N1“ oder so. Aber dafür ist die Risikogruppe wohl zu eng begrenzt.

Na egal, wollte ich nur mal kurz los werden das Ganze, da es mir gestern eben auffiel. Außerdem seid ihr jetzt auch alle ein wenig schlauer, liebe Fußballfans! Jetzt geht’s erstmal ins Spieltagswochenende! Laßt uns mal die Daumen drücken, daß das Wetter stabil und die Plätze bespielbar bleiben. Glaube wir stehen eh unter dem Einfluß eines Addukto… äh… Azorenen-Hochs! ;-)

4 Kommentare:

  1. Mein Name ist Nobody. Und meine Eselsbrücke schon immer war: Abduktoren spreizen ab und das Gegenteil davon ist Adduktoren und ran.

    Dein holdes Weib durfte - ähm, musste - den Steini-Steinbrecher übrigens mal interviewen. (Ich war dabei, als sie neben ihm am Tisch saß.) Sie wusste nicht genau ob sie ihm oder ihrem Rektor, der sie dazu gezwungen hatte, das Gesicht zerkratzen sollte. Fiese Type, der.

    Heute ist hier Lokalderby und schon seit Mittag alles paralysiert.

    Grüße! N.

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  2. OK, jetzt fehlt bloß noch meine Schwester, dann hätten wir beide "Wissenden" ob den Adduktoren-Dilemmas heraus. ;-)

    Danke auch für das Ruhrpott-Derby-Stichwort... hatte heute vergessen zu tippen!

    :-)

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  3. Die kleine Schwester6. Februar 2011 um 00:42

    Sag mal, ich wage mich zu erinnern, dass ich Dir das mit der Adduktorenproblematik schon mal vor geschätzten drei Jahren erklärt habe, und zwar, als ich gezwungen wurde (von Dir, wohlgemerkt!) die Experten zu schauen und so zwei wertvolle Stunden meines Lebens zu vergeuden.

    Da hat der Udo wohl die Neuaufnahme von Informationen blockiert. Sehr vielsagend, wenn Du mich fragst.

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  4. Du elender Blasphem! Experten gucken ist keine Zeitvergeudung, das hat eher den Charakter einer päpstlichen Audienz... nur halt bei Udo!

    Und das kann schon sein, daß du mir das mal erklärt hast, aber in meinem Alter vergißt man so Sachen schon mal wieder.

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