Donnerstag, 30. Juni 2011

KYUSS LIVES - DRESDEN, ALTER SCHLACHTHOF 29.06.2011 BERICHT


Stellt euch vor, ihr sitzt in einem 26000PS-Monstertruckpanzer und schießt mit 150 Sachen die einen stark abschüssigen Highway in Death Valley entlang. Draußen flirrt die 45 Grad heiße Luft und es zischen beige Geröllbrocken und vertrocknete Kakteen an den Seitenscheiben vorbei während ihr 200 Sachen erreicht… und dann, ja dann erst schaltet ihr in den dritten Gang hoch! Den perfekten Soundtrack zu dieser Art von Fortbewegung liefern die reinkarnierten "Kyuss Lives" derzeit auf den Bühnen dieser Welt. Gestern machte die dröhnende Karawane in Dresden Station, Grund genug für meine Schwester und meine Wenigkeit diese Messe des Desert-Rock heimzusuchen. Er hätte schon gedacht, daß wir jemals die Chance erhalten würden Kyuss nochmal (fast) in Originalbesetzung live zu erleben.

An einem Tag, an welchem die Wüstensöhne aus Palm Desert im Elbflorenz einfallen, hatte der Wettergott gleich mal für Wohlfühlwetter gesorgt. Während der Rest Deutschlands schon im Regen versank, brannte hierzulande eine unerbittliche Sonne vom Himmel, sodaß wir auch 19:30, bei unserer Ankunft, noch ordentlich ins Schwitzen kamen als wir Spätparker uns den Weg zur Venue suchten. Mit einem Strom von Schwarzgewandeten schlenderten (man kann es nicht anders nennen) wir vor das Haupttor des Alten Schlachthof Dresden. Sehr entspannte Stimmung allgemein. Die meisten hatten ein Fläschchen Gerstensaft in der Kralle und leerten dieses noch relaxt aus, bevor sie die dann doch recht großzügigen Sicherheitskontrollen passierten. Wir latschten dann also auch an der freundlichen Security vorbei, ließen die Kärtchen entwerten und standen prompt vor dem Merchandise-Stand. Dort wurden zum amtlichen Schnäppchenpreis (10€ bzw. 15€ für ein Shirt sind heutzutage schon mehr als erwähnenswert – da waren sogar die üblichen Plagiatsgeier, die nach der Show ihre polnischen Billigkopien an den Mann bringen wollten nicht billiger) noch die üblichen Memorabilien erstanden. Dann schnell das Konzertbier abgefasst und die Halle erkundet. Schöne Venue wie ich finde… auch wenn man es von außen nicht wirklich vermuten mag. Die immer noch relaxte Stimmung tat dann ihr Übriges. Irgendwann, wir hatten unser Bier gerade zur Hälfte geleert, begannen "Burden" zu spielen. Nach 2 Songs war klar: Das wird nix mit uns! War ja ganz nett anzuhören der Sound… aber der Gesang war so überhaupt nicht mein Fall. Auch in der Halle vermochten sie nicht wirklich zu zünden, die hölzernen Rampensau-Einlagen des Sängers verpufften mehr oder weniger effektfrei in der wartenden Menge. Man muß aber auch zugeben, daß sie es nun wirklich nicht leicht hatten. Die Meisten waren schlicht und ergreifend wegen Kyuss da, wenn man seit Mitte der 90er warten mußte um die Jungs auf der Bühne zu sehen, dann interessiert einen einfach keine Vorband. Außerdem waren Kyuss das vergangene Jahrzehnt ohnehin so etwas wie der heilige Gral der Fangemeinde was Reunion-Wünsche angeht. Es war also wenig verwunderlich, daß Burden sich sogar den Anstandsepplaus erkämpfen mußten. Hinzu kam noch, daß die sehr gute Versorgungslage und die große Raucherlounge im Schlachthof gut die Hälfte der Anwesenden außerhalb des Saals hielten. Aber bald wars dann ja auch vorbei und wir schniekten gediegen zum Bierstand um die Pause ein wenig zu überbrücken bevor wir uns unseren Platz für Kyuss suchten. Wir landeten etwa, naja, 15 – 20 Meter vor der Bühne wo wir das Konzert aktiv, aber dennoch recht schmerzfrei miterleben konnten. Irgendwann, unsere Becher waren bereits geleert, betrat zunächst Brant Bjork die Bühne und setzte sich hinter sein Schlagzeug. Breit grinsend (wie wir ihn ja letztes Jahr schon in Jena erleben durften), trommelte er die ersten Takte zum Opener "Spaceship Landing" ein, zu denen Nick Oliveri, John Garcia und Bruno Fevery dann die Bühne betraten und mit ihren Instrumenten munter einstimmten. YEAH, herrlich! Das Publikum setzte sich nach den anfänglichen Jubelschreien dann langsam in Bewegung. Es passte dann aber auch ganz gut zum allgemeinen Flow der Menge und der schwer groovenden Kyuss-Musik an sich, daß man erst beim dritten oder vierten Song so richtig Betriebstemperatur erreichte. Der Band ging es da nicht anders. Von Mr. Bjork mal abgesehen, wirkten die Übrigen anfänglich doch noch ein wenig zu angespannt, was sich aber ebenfalls schnell legte. Bei "Gardenia" nahmen dann Band und Publikum mächtig Fahrt auf und allerallerspätestens beim schrammeligen "One Inch Man" kochte dann die Halle. Dazwischen lagen mit "Hurricane" und "Thumb" zwei ordentliche akustische Teilchenbeschleuniger, bei denen sich die Halle langsam in einen springenden, groovenden Pool von Kopfschüttlern verwandelte. An Tagen wie gestern bin ich froh, daß ich schon ne Weile nicht mehr beim Friseur war… wenn man dann schweißnass die Haare im Gesicht kleben hat, macht es irgendwie gleich noch mehr Spaß. "Conan Troutman" trieb das Ganze dann vorläufig auf die Spitze. Die große Soundwalze, die Kyuss mit brummenden und knarzenden Gitarrensounds antreiben, rollte unermüdlich durch die Halle. DAS kann einfach kein anderer entfachen! Die Bühnenbeleuchtung war thematisch angepasst (und klimatisch angemessen) in satte Rot- und Gelbtöne getaucht, was den Desert-Rock Effekt nur noch verstärkte. Als nächster Titel folgte dann eines meiner beiden absoluten Highlights am gestrigen Abend. Das großartig "Freedom Run" in einer wirklich großen Live – Version. Für die Bühne erwartungsgemäß beschleunigt vorgetragen und dennoch von der böse groovenden Basslinie getragen, steigerte sich der Song zu seinem infernalen Finale. Oliveri am Bass hatte hier dann auch eine seiner Sternstunden gestern. Yeah, was es da abging… herrlich! Von Ansprachen ans Publikum war gestern im Übrigen nix zu sehen. Man betrat die Bühne, hämmerte Song um Song in die Massen und sorgte somit dafür, daß die erwähnte Soundwalze in ihrem Tun nicht unterbrochen wurde. "Freedom Run" war auch recht weit oben auf meiner Wunschliste für den Abend, nur "Demon Cleaner" und "Super Scoopa & Mighty Scoop" rangierten noch darüber. Da "Demon Cleaner" leider nicht kam, mußte halt "Super Scoopa …" die Bude rocken… und WIE es das tat! Das zweite Highlight. Eingeleitet vom guten, alten, verspielten Gitarrenintro, das den Song so unverwechselbar macht, legten die Jungs los wie die Feuerwehr. 90s Revival deluxe… und das ging nicht nur uns so. Garcia, der mich gestern in seiner schwarzen Klamotte arg an Stephen Seagal erinnerte, zellebrierte den Song. Mittlerweile hatte die ganze Band ihren Spaß, was man ihnen auch allen deutlich anmerkte, sogar Garcia fing plötzlich an, mit dem Publikum zu interagieren… kein Wunder, er wurde ja auch gefeiert bis zum Abwinken für den Song. Das Tempo blieb dann konstant oben, "50 Million Year Trip", das etwas bedächtiger beschleunigende "Whitewater" und "Odyssey" ließen ja auch gar nix anderes zu. Die Halle ließ dazu weiterhin wahlweise fleißig die Haare fliegen oder verwandelte sich in ein Flummikonglomerat, das auf den ehemals blutgetränkten Schlachthofdielen dem Affen Zucker gab (Anmerkung: "Odyssey": YEAHHHHH!!!!). Zum Abschluß des Mainsets gab es "El Rodeo" in einer ultimativen Arschtrittversion direkt gefolgt vom Setcloser "100 Degrees". Der Übergang zwischen beiden Songs war der Hammer: naht- und gnadenlos! Nach einer kleinen Zugabenpause betrat man die Bühne erneut und schoß uns mit "Molten Universe" und dem von allen erwarteten "Green Machine" komplett die Lichter aus. Bei "Green Machine" ging die Halle nochmal durch die Decke, was zu erwarten war. Die Song gewordene Definition von "Kyuss" fegte uns nach viiiiiiel zu kurzer Zeit aus der Halle.


 

Das ist dann auch der einzige Kritikpunkt für mich am gestrigen Abend: ZU KURZ. Ich meine, wir wußten es, ich kannte die Setlist (die Jungs variieren ja recht wenig) und trotzdem saß man nach knapp 90 Minuten irgendwie total geflasht da und fragte sich nur "Wie jetzt, das wars schon!?!". Während des Konzertes verlor man sich irgendwie so ausgiebig und vollkommen in der dröhnend-groovigen Klangwelt von Kyuss, daß man die Zeit komplett vergaß. Es war dunkel, laut, heiß, verqualmt und schwitzig um einen herum… aber man hatte Spaß, war irgendwie in seiner eigenen Wüstenwelt… wenn dann plötzlich das Licht wieder an geht, das ist Mist! Aber schön wars unterm Strich dann doch! Es war auch ein feiner Kontrastpunkt zu den Foo Fighters vor knapp 2 Wochen. Nach dem perfekten Stadionrock vor 17.000 Zuschauern gabs gestern von einem recht überschaubaren Rockschuppen ordnungsgemäß auf die Hörner. Tja, ich bin heilfroh, daß ich im Februar sofort die Karten einheimste… fast noch froher bin ich allerdings, daß ich heute frei bekommen habe. Nicht nur, daß wir irgendwann vor eins hier eintrudelten macht es schwer vorstellbar heute im Büro sitzen zu müssen, mein Nacken bringt mich auch fast um. ;-)

P.S.: Hier mal ein Livevideo von "El Rodeo" nebst "100 Degrees"... aus sound-qualitativen Gründen aber von einem anderen Konzi.


P.P.S: Hier mal die Setlist vom 25.06.11. Dürfte soweit ich das beurteilen kann mit der von gestern identisch sein:

4 Kommentare:

  1. Alter Mann, hat nach nem Rockkonzert Nackenschmerzen...

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  2. Junge Frau... geht gar nicht erst mit! ;-)

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  3. Was wedelt denn der Garcia bei 3:00 auf dem Video so herum? Wen will er denn da killn?

    Zu Dresden: Ich war nicht so begeistert. Vorallem anfangs war die Band sowas von unmotiviert und lahm, dass ich denen den Spielspaß einfach nicht abnehmen konnte. Einzig dem Drummer, aber der steckte ja hinter seinen Becken fest. Was mir das Erlebnis wirklich versaute: Der schlechte Sound. Kyuss ist letztendlich eine Schlagzeug-band, die lebt von den Drums. Aber in DD war das Drum furchbar, stand im Hintergrund und klang vor allem völlig zusammen gestückelt: eine künstliche, überkomprimierte und nicht atmende Bassdrum, eine Snare, die sich viel zu oft nicht durchsetzte, und Toms, die klangen, wie aus einem anderen Set, wie mit dem Brecheisen reingebaut... irgendwo dazwischen flirrten dann doch so halb die Becken herum. Naja. Das war wirklich schade. Nach One Inch Man bin ich in die Raucherlounge gegangen und war wieder glücklich...

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  4. @Andreas Hat es eine tiefere Bedeutung, daß man, sobald man auf Deinen Namen klickt, bei "Telefonsex Beate Uhse" sozusagen "kauskommt"?!

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