Montag, 12. März 2012

ACCIDENTS WILL HAPPEN…

(Nick Cave & The Bad Seeds)

Mahlzeitchen! Wie ihr schon mitbekommen haben solltet, war der Onkel am Wochenende mit MsPittili im Elbflorenz unterwegs. Der Ausflug war mehr oder weniger eine spontane Entscheidung… aus Gründen! Klar, wir hatten das WE noch nix vor und irgendwie auch den intrinsischen Drang uns aufs massivste weiter zu bilden; zu informieren – kurz: um zu besseren Menschen zu werden. Denn nur der Gebildete läßt den evolutionären Sackgassenast der “Kevins”, “Schantalles” und “Schackelines” (auf welchem selbige sitzen und ihn gleichzeitig lauf gröhlend absägen) hinter sich und strebt der Erleuchtung entgegen. Da ich kürzlich in den Nachrichten zudem Aufmerksam war, als das Wort “Dresden” in Verbindung mit “Ausstellung” fiel und mir das Thema auch noch ein interessiertes “ohhh, klingt gut!” entlocken konnte, schlug ich MsPittili einen Besuch der entsprechenden Veranstaltung vor. Und so begab es sich vorgestern, daß wir das schwarze Schlachtross bestiegen und bleifüßig über die veritabel geräumten Rennstrecken den Freistaates gen urbanisierter Flutzone düsten. Wir – das sei hier nochmal in aller Klarheit festgehalten – waren unterwegs im Zeichen vom einzig wahren

Weltuntergang Header

2012!

Wir jagten der Sächsichen Universitäts- und Landesbibliothek – kurz mit dem comichaften “SULB” zusammengefasst – entgegen. Dort schlossen wir sodann unsere Klamotten im Spind ein und betraten die heiligen Hallen, in welchen man ausgewählte Artefakte, Schriftstücke und vor allem literarische Quellen zur bevorstehenden Apokalypse unter folgendem Banner vereint hatte:

maya

Das dürfte, nebenbei bemerkt, die weltweit erste, historisch orientierte Ausstellung sein, welche man bereits im Vorfeld des eigentlichen Ereignissen ins Leben rief. Gut, man hat ja auch keine andere Wahl. Präsentiert wurde und wird so allerhand Lehrreiches über die alten Maya und deren Kalendarium. Außerdem wurde erläutert, auf welch seltsamen Wegen drei “Maya-Codexe” in die gigantischsten aller alteuropäischen Metropolen gelangten: Madrid, Paris und Dresden. Von irgend welchen Typen dem Straßenhändler als “Bilderbuch” für ein paar Perlmutknöpfe und ‘nen Sack Murmeln abgeschwatzt gelangten diese – meist für Malbücher gehalten – über den großen Teich. Dort lungerten sie ein wenig in den Archiven herum und setzten Staub an, bis sie sich irgendwann mal einer zur Brust nahm und merkte, was er da eigentlich in den Händen hielt. Während Paris und die Heimatstadt des großen Fußballsatans ihre Kodexe wieder im Regal ablegten (sollen eh nicht so schön bunt sein wie der aus Dresden), stellte man den hier aus und gibt uns allen die Möglichkeit uns am prophetischen Apokalypseflyer optisch zu ergötzen.

Im Rundgang um die “Schatzkammer” mit den eigentlichen Kostbarkeiten (neben dem Kodex Originalhandschriften von J.S. Bach oder eine handgepinselte Lutherbibel eingeschlossen), wurden auch einzelne Seiten des Dokumentes vergrößert ausgehängt, erläutert und der ungenierten und ausgiebigen Betrachtung zugeführt:

Wände

Bereits am Anfang der Ausstellung wurde der geneigte Apokalyptiker aber bereits böse desillusioniert, indem man ihn mit folgendem Schaubild konfrontierte:

Weltuntergangsausfallvermutung

… Vermutungen, alles nur Vermutungen! Vermutungen und blanke Spekulation! Zwinkerndes Smiley Wenn man ein Mal rum war, konnte man sich noch einen Arte – Film anschauen oder sich wahlweise auch in die doch recht finstere, gut bewachte “Schatzkammer” begeben. Wir entschieden uns für Letzteres. Zunächst traten wir in eine recht finstere Kammer ein, in deren Mitte der eigentliche Ursprung der ganzen Ausstellungsgestaltung in einer dicken Glasvitrine ausgestellt war. Unter hermetisch abgeriegeltem Panzerglas verweilte in einer wohl klimatisierten, transparenten Box der so genannte “Codex Dresdenensis”. Als wir ihn (nach den anderen Kleinoden) in Ruhe betrachteten, gesellte sich sogleich ein älterer Herr zu uns und bot uns seine kostenfreie Auskunft zum Sujet an. Der Mann hatte schon ein oder zwei Gruppen vor uns aufgeklärt und man sah im förmlich an, wie begeistert er von der ganzen Geschichte war. Scheinbar ist das so eine Art Freizeitvergnügen von ihm, daß er Besuchern in der Dunkelkammer auflauert und ein wenig Licht in ihr mentales Dunkel trägt. Der hatte uns schon eine Weile betrachtet und sich letztendlich dann doch getraut uns anzusprechen; ich glaube mein doch recht martialisches Motörhead-Shirt (fragt nicht welches, die sind alle irgendwie evil) hat ihn ein wenig abgeschreckt – umso besser, daß er sich dann doch traute. Wir nahmen selbstverständlich an, hatten aber auch keine wirkliche Wahl. Aber der weißbärtige Kerl erwies sich als ebenso engagierter wie auch fachkundiger Berater und brachte so manche Anekdote zur Maya-Schrift ans Tageslicht. Er war so etwas, wie der Udo Lattek der untergegangenen Hochkultur – und ihr wißt, daß es da kaum eine höhere Wertschätzung gibt. Das Witzigste, was er erzählte, war wohl, daß man den Weltuntergang vor mehreren Jahrzehnten irrtümlich “falsch eingeklebt” hat. Sonst passiert einem das nur im Pannini-Stickerheft – und selbst da ist es schon ärgerlich. Hier hat man die Einzelblätter halt falsch geordnet, bevor man sie zwischen zwei Glasscheiben festleimte (das ist jetzt nicht vereinfacht ausgedrückt, lauß Maya-Udo hat man genau das getan). Nun befindet sich der Weltuntergang (oder halt die Seite, auf der er basieren soll) mitten im Dokument und eben nicht am Ende, was ja auch gleich viel logischer wäre. Da ´wir vermutlich von der GSG9 per “finalem Rettungsschuß” erlegt wurden wären, wenn wir in dieser Kammer das Blitzlicht ausgepackt hätten, blieb uns nur ein heimliches Schmartfohn-Bildchen mit der Restlichtverstärker-App (*hüstel*… und ein wenig Photoscape… ein wenig mehr Photoscape fürchte ich). Da blitzt nix und den wertvollen Dokumentelchen wird kein Eselsohr gekrümmt. Hier ist sie nun also, die Maya-Schrift, aus der das internationale Netzwerk der esoterischen Spinner und Ökohippies unseren Untergang abzuleiten versucht:

Codex Dresdenensis

Ganz schön unscheinbar das Ding, nicht wahr?! Aber, es ist allemal spannend so ein Schriftstück vor sich zu haben. Wer von euch gerade mal im Elbflorenz verweilt, der sollte das Ding ruhig mal besuchen. Kostet nix und mit einer Stunde Zeit kommt man locker hin. Das Drumherum ist gut recht überschaubar gehalten und informativ – vor allem ermüdet es dadurch nicht. Nehmt euch lieber mehr Zeit für die Schatzkammer, da drin wirds dann so richtig interessant. Falls ihr einen begeistert grinsenden Rentner in der Nähe der Vitrine seht, der zu überlegen scheint, wie er euch am Besten ansprechen soll, dann keine Angst. Geht auf ihn zu und fragt ihn mal, warum zum Henker der Weltuntergang mitten im Codex klebt. Der freut sich Zwinkerndes Smiley.

10 Kommentare:

  1. Heißt das, deine Serie ist jetzt vorbei?

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  2. Nö, ich bleib natürlich am (Feuer-)Ball! ;-)

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  3. Huiuiui, das magische Dokument gruselt ja nicht nur durchs Panzerglas sondern auch WLAN bis hierher. Und wegen so nem Stück bemaltem Pergament ist nun bald alles zu Ende :(.

    Tja, was wären wir alle nur ohne die Sammelwut von Bibliothekaren (MsPittili darfs auch laut vorlesen) und Erklärrentnern.

    Grüße! N.

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  4. Also ich bin jetzt irgendwie beruhigt. Wäre ja auch blöde wenn die Welt 1. vor Weihnachten und 2. vor unserem Rügen-Trip untergeht...

    Und überhaupt was heißt eigentlich "untergehen"? Ich denke dann immer an eine mehr oder weniger flüssige Substanz. Also wenn, dann soll die Welt von mir aus in Nutella untergehen...

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    1. Dann sollten wir uns darauf aber auch vorbereiten und das Haus nicht mehr ohne Löffel verlassen. ;-)

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    2. Also, ich würde mich für die Mithilfe bei der Rettung bereit erklären.

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