Samstag, 1. Dezember 2012

ROCK IT - Motörhead am 30.11.2012 in der Thüringenhalle Erfurt


(Motörhead) 

Teil 1 unseres diesjährigen „Space Hell Weekends“ liegt seit... naja, 13 Stunden ungefähr hinter mir. Es war mir wie immer ein Fest, mit den Herren von Motörhead einen Abend zu verleben. Laut, schnell und dreckig... wie das sein soll. Aber der Reihe nach... .

Der Igor brachte uns am frühen Abend nach Erfurt, was von unserer temporären Residenz in Jena aus auch recht gut zu erreichen ist. Wir waren 2007 ja schon einmal zu Motörhead in der Thüringenhalle und kannten die Location daher. Jedoch hatten wir diesmal zunächst deutlich größere Probleme einen Parkplatz zu finden als damals. Am Ende definierten wir uns zu „Besuchern des Ministeriums“ und stellten uns einfach auf einen Behördenparkplatz direkt neben der Thüringenhalle. Natürlich hatten wir keine Ahnung, was das denn genau für ein „Ministerium“ war, war uns aber auch mumpe. Wir ließen die Jacken auf Grund der Kürze des Weges einfach mal im Auto und latschten gen Halle. Vor dieser war verhältnismäßig viel los, vor exakt 5 Jahren herrschte relative Ruhe und wir konnten gemütlich hinein spazieren, wenngleich die erste Vorband (wie auch gestern) schon in die Saiten griff. Wir betraten also die Location, ließen uns nach Atomwaffen und Kettensägen durchsuchen (hätte mich gewundert, wenn sie was gefunden hätten, diese Eingangsfrotteure) und stiegen die Treppen empor in den Saal. Dummer Weise hatten wir uns den Eingang auf der Seite ausgesucht, wo uns die Herren-WC-Schlagen entgegen kam, so war es etwas anstrengender in die Halle an sich vor zu dringen – wir schafften es aber dennoch. Ich steuerte wie immer den Merch-Stand als erstes Zwischenziel an und erwarb beim anglophonen Baumwolltextilienvertriebler mein obligatorisches Tourshirt bevor wir die Bar ansteuerten. Enttäuscht musste ich feststellen, daß es dieses Jahr kein Kösti gab, vor 5 Jahren hatte ich dieses Angebot ja noch gelobt, aber gestern war dies leider nicht möglich. Wir suchten uns eine halbwegs ruhige Ecke und tranken erst einmal. Die erste Vorband „Diary of a Hero“ (oder so) war mittlerweile Gott sei Dank fertig, die waren absolut nicht mein Fall. Als zum Umbau für Opener Nr. 2, die Szenegrößen von „Anthrax“, die Lichter wieder an gingen, musste ich zunächst über den Dunst grinsen, der schwer und zäh in der Halle hing. Rauchverbote bei Motörhead zu verhängen ist ungefähr so effektiv wie Godzilla mit Fair-Trade-Kaffee zu bewerfen. Als das Bier alle und das Licht wieder erloschen war, betraten die Herren um Anthrax schließlich die Bühne. Wie gesagt „Szenelegenden“, von denen Lemmy und die Seinen uns eigentlich jedes Jahr eine gönnen. So habe ich schon Overkill oder Doro Pesch sehen dürfen. Anthrax allerdings war und ist irgendwie mal so gar nicht mein Ding. Die können gut spielen, haben ansatzweise wirklich tolle Meldien, aber das Gesamtpaket läßt mich mehr oder weniger kalt. Nicht mal dieser 80s Hairmetal-Einschlag kann das noch raus reißen. Als sie fertig waren, orientierten wir uns noch ein wenig weiter nach vorne, was praktisch automatisch ging, da sich in der Umbaupause das Publikum schiffender oder Bier holender Weise durchmengte. Das Kribbeln der Vorfreude stieg weiter, besonders, als das Backdrop enthüllt und die Instrumente letztmalig gecheckt wurden. Alles klar zum 5. Konzert der Herren, auf den Tag genau 5 Jahre nach Nr. 1 und auch noch in der selben Venue.

Die Lichter erloschen und es war soweit: Motörhead betraten die Bühne. Jedes Jahr geschieht das auf eine etwas andere Art. War letztes Jahr einfach alles nur dunkel und von stroboskopartigen Lichtblitzen zerrissen, bevor ein geknurrtes „Bomber“ erklang und gleichnamiger Song einsetzte, kamen Phil, Mikkey D. und der Godfather of Rock 'n Roll, Lemmy, diesmal entspannt auf die Bühne gelatscht. Ein paar kurze Worte ans erwartungsfroh jubelnde Fußvolk und man stieg direkt mit „I know how to die“ in den Abend ein. Gleich ein schöner, treibender Song am Anfang. Gefolgt wurde er von „Damage Case“, vielen vielleicht auch in der Cover-Version von Metallica bekannt, was die Stimmung weiter anzog. Überdies wurde es während des 2. Songs spür- und hörbar lauter, was ja auch irgendwie Tradition ist bei Motörhead; nur, daß sie es mittlerweile nicht mehr extra betonen. „Stay Clean“ wurde in einer richtig fetten Version ausgepackt gestern, gefiel mir sehr gut, vor allem, als Überleitung zum ersten großen Highlight, dem nun folgenden „Metropolis“, einem Monument von einem Song, passte es einfach perfekt. „Metropolis“ hatte überhaupt sowas wie die ultimative Eisbrecherwirkung für den Saal fand ich. Das knackte sie alle, die ältere Generation 50+ ebenso wie die üblichen Verdächtigen, die Kutten- und Lotenträger, aber auch die offensichtlich auf Hipster getrimmten „optisch Deplatzierten“. Man muss sich das mal vorstellen, einer von denen rief hinter uns „Achtung, Vorsicht!!!!“ bevor er seinen abgemagerten Hornbrillenkörper in Röhrenjeans, grauem Mantel und Herrenschal an uns vorbei schob... sowas gehört sich einfach nicht! Bei Motörhead rempelt man die Vorstehenden sanft beiseite und kippt ihnen noch ein wenig des eben transportierten Bierchens über die Ärmel, das ist Benehmen! Aber wie dem auch sei, Metropolis zündete die Halle und „Over the Top“ legte noch ordentlich nach. Schöner, schneller und hart aus den Boxen prügelnder Song. Gefolgt von „Dr. Rock“, dem Opener von 2007 und somit dem ersten Motörhead-Song, den wir jemals live um die Ohren gehauen bekamen. Das Niveau wurde dann bei „The Chase is better than the Catch“ und dem hämmernden Klassiker „Rock it“ locker gehalten, zwischendurch wurde noch ein kleines Gitarrensolo eingewürzt, ebenso wie „The One to sing the Blues“ mit dem gewohnt wahnsinnigen Drum-Solo verziert wurde. Es ist unglaublich, was Mikkey D da hinter der Schießbude veranstaltet. Jeder, der ein Mal so ein Drumsolo erlebt hat, wird das bestätigen! Am geilsten zünden die Dinger meiner Meinung nach bei „In the Name of Tradgedy“! Die nun folgende Troika zum Abschluß des Mainsets war einer der Gründe, weshalb ich mich ganz besonders auf diesen Part des Konzertes vorfreute. Zunächst mein Favorit aus der Rotzpunkecke des Bandrepertoires „Going to Brazil“. Eine hämmernde Homage an die Brasilianer und Sepultura, mit denen Motörhead 2004 tourten. Dann kam das großmächtige „Killed by Death“, einer Songmonster bei dem nur der Refrain (wenn man ihn denn so nennen will), noch eingängiger ist als der Beat. Alleine das finstere Lachen von Lemmy im letzten Songsdrittel ist es wert, daß der gespielt wird. Außerdem kommt noch der Aktivitätsfaktor des Publikums dazu. „Killed by Death“ kann schließlich jeder brüllen – und das ungefähr 30 Mal bei diesem Song. Großarig! Hernach folgte als Mainset-Closer mit „Ace of Spades“ die Visitenkarte der Band. Das Stück, auf das auch die Gelegenheitskonzertgänger im Endeffekt warten.
Die Pause fiel ein wenig länger aus als in den letzten Jahren, aber dann standen sie doch wieder auf der Bühne und präsentierten mit „Are you Ready“ ein Thin Lizzy Cover. Schöner Song, tolles Cover der Jungs, auch wenn ich den „Whorehouse Blues“ zugegebener Maßen ein wenig vermißt habe, der hätte locker noch davor gepasst. Aber wir wollen nicht meckern. Den Bass souverän umgeschnallt verabschiedete sich Lemmy noch von uns indem er die Band vorstellte und sein Standardsprüchlein vor dem letzten Song ins Mikro knurrte:

„Don't forget us! We are Motörhead, and we play Rock and Roll!“

Dann schmiß man die Lichtorgel an und imitierte das gewohnte Flakfeuer, sodaß von der Bühne an sich am Ende schlicht nichts mehr zu sehen war. Nur diese zuckenden Lichtblitze in der rauchgeschwängerten Luft zuckten über unsere Köpfe während Mikkey D den Beat vom Standardcloser „Overkill“ über unsere Köpfe hinweg feuerte. Die Band stieg ein und der Song walzte wie jedes Jahr nochmal alles platt, was die Dreistigkeit besaß sich seiner Urgewalt in den Weg zu stellen. Nochmal kochte der Saal ordentlich auf, was aber scheinbar hier und da auch mit ein paar Blessuren einher ging – ein paar Leutchen konnten nur noch gestützt den Saal verlassen. Die gewohnten 2 Scheinenden des Songs nahmen immer mal noch ein bisschen mehr Fahrt auf und als er am Ende in einem geloopten Dröhnen unterging und Motörhead die Bühne verlassen hatten, wandten wir uns gen Ausgang.

Wir waren fix beim Igor und befanden uns vor dem Ansturm der regulären Parker auf der Straße in Richtung Autobahn, denn die mussten sich und ihre Vehikel erst aus dem großen aber nur mit einer Ausfahrt versehenen Parkplatz heraus wuchten. Wir hörten noch ein wenig Motörhead – Livealben im Auto und waren in dann doch recht annehmbarer Zeit wieder in Jena. Das Fazit fällt wie jedes Jahr wieder durchweg positiv aus. Ein geiles Konzert einer großen, trotz ihres hohen Alter (Motörhead gibt’s mittlerweile seit 37 Jahren, wie auch die Shirts stolz verkünden) noch frisch und wuchtig agierenden Liveband in deren Zentrum Lemmy alles überstrahlt. Mal sehen, wo es sie 2013 hin verschlägt. Three-O-City wäre mal wieder dran, dann könnte ich auch mal wieder die Bierquote erfüllen. Jetzt sollte ich die Tastatur mal beiseite legen und mich so langsam auf die Rückkehr nach Erfurt einstellen. Heute wartet mit Monster Magnet ein mindestens ebenso großartiger Abend auf uns. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen