Sonntag, 9. Januar 2011

DEAD MEN AND SINNERS

(Murder by Death)

Tschakka!!!! Ich muß mich jetzt mal über eine neue PEST aufregen, die da die Medienlandschaft durchzieht und uns den Konsum unserer einstmals geliebten Popkultur mehr und mehr vergellt. Wie ja nun bekannt sein sollte, bin ich ein Kind der 90er. Gesegnet mit dem nahezu unschätzbaren Glück, während den 80ern zwar aufgewachsen, aber nicht von ihnen geschädigt zu sein. Dieses Jahrzehnt verbrachte ich im Wesentlichen mit Wachstum und den einen oder anderen Westspielzeug, das durch elterliche Fürsorge in meine Hände gelangte. Sehr beliebt waren übrigens Matcher, in sämtlichen Variationen und Modellreihen. Mit den 90ern kam man an die dann sogar noch besser heran, aber dann switchten meine Interessen schon wieder. Viele, insbesondere Leute ab 35 Lenzen Lebensalter, mögen sich nun aber fragen, was ich an den 80ern so schlimm empfand, rückblickend versteht sich. Nun, um es mal plakativ zu sagen: Ein Jahrzehnt, in dem jeder aussehen wollte wie ein Mitglied von Wham! und dabei unentwegt Prince hörte, das kann einfach nicht erstrebenswert sein. Selbst der Metal sah damals, von einigen wohltuenden Ausnahmen mal abgesehen, aus wie ein dauergefönter Perückenstadl. Oder wollt ihr ernsthaft behaupten, das DAß hier „hart“ ist:

Die seheh heute übrigens noch genau so au... das macht jede Drag-Queen neidisch!

Seht ihr, schon überzeugt. Jedenfalls würde ich den 80ern keine Träne nachweinen, aber das soll ja nicht das Thema sein. Denn in den 90ern wurde ja alles besser. Der Rock wurde wiederbelebt durch eine authentische Horde von Jungspunden aus Seattle und der Metal fand dann auch irgendwann wieder zu seinen Wurzeln zurück und wurde wieder hörenswert. Nebenbei wurden uns noch einige cineastische Perlen geschenkt, welche unser Bild von der finsteren Schattenwelt prägten. Neben den guten, alten Zombies, wurde auch das Vampir-Genre wiederbelebt. Neben der grandiosen „Dracula“ Verfilmung und „Blade“ bestach vor allem das große Drama vom „Interview mit einem Vampir“ durch geschlechterübergreifende Zumutbarkeit. Hach ja, damals waren Vampire noch Vampire. Gefährliche, blutsaugende Unholde, die in finsteren Nächten auf Passanten lauerten und der Menschheit im Akkord die Venen leerten. Das war noch gruselig, das war noch glaubhaft. Doch was ist aus diesem goldenen Zeitalter hervor gegangen? Richtig: Twilight!

Wenn ich diesen Titel schon höre, kommt mir die Knoblauchsuppe wieder hoch! Da wird so ein glatt geschmirgelter Metro zum Übervampir hochstilisiert, der eine Sterbliche anschmachtet und mit seinem zöllibatesken Schicksal hadert, während er bei genauer Betrachtung genau eines eben nicht ist: Ein Vampir. Ein echter Vampir würde sich die Ische schnappen und mal kurz die Hauer ansetzen um sich dieses Modepüppchens zu entledigen. Aber was macht dieser Vogel? Er führt Dialoge, er diskutiert mit seiner Nahrung und am Ende wird vielleicht sogar noch geheiratet. Bah, widerlich! Auch ich finde Lebensmittel sympathisch, aber ich würde nie so weit gehen, mein Steak zum Konversationspartner zu erheben. Ich würde ihm zwar anerkennen auf den Fettrand klopfen bevor ich es in die brodelnde Kräuterbutter der Pfanne herabsenke, aber das wäre es dann auch. Die Überlebenschancen einer solchen karnivoren Kostbarkeit würden bei mir stark gegen Null tendieren. Ich finde das auch vernünftig, so sollte es sein. Ähnliches erwarte ich auch von einem Vampirfilm, mitleidlose Beißorgien, bei welcher das soziale Umfeld des Gegners sukzessive dezimiert wird bevor man sich in einer großen, finalen Endschlacht gegenübersteht und sich gegenseitig die Superkräfte um die Ohren haut, daß die Funken spritzen. Bis vor ein paar Jahren war das auch unproblematisch, aber heute… . Heute muß man wirklich aufpassen, daß man sich keinen verkappten Rosamunde Pilcher Film einhandelt, wenn man seine Abendunterhaltung nur an der Untotheit des Protagonisten fest macht. Neulich stand ich vor einer Bücherkiste und entdeckte einen Roman, der von Cover her einiges versprach. Horror, Halsabschneiderei und Hämoglobin sprachen bereits aus dem Layout. Ich nahm das Büchlein auf um den Klappentext zu inspizieren. Dieser begann dann aber mit Worten, welche mich zwangen den Wälzer angeekelt wieder fallen zu lassen: „Der edle Vampir Prinz xy …“ (xy, weil mir der Name nicht mehr einfällt, nennen wir ihn einfach „Kunibald“). Bah! So weit ist es also gekommen; die Vampirliteratur ist aus lauter Trittbrettfahrerei zu einer Bravo – Foto – Love – Story ohne Bilder verkommen. Wer will denn so etwas lesen? Wer will denn an so etwas kaufen? Melancholische Blutsauger, die ihre Existenz hinterfragen und statt nach dem Lebenssaft der Sterblichen nach deren Liebe trachten wobei sie alles daran setzen auch noch möglichst metrosexuell rüber zu kommen. Ekelhaft ist das doch! Diese Schmierfinken, die diesen Kokolores fabrizieren, bringen eine ganze Sparte von Monstern in Verruf ohne dabei rot zu werden. Ich habe weiß Gott nichts gegen Handlung in Horrorfilmen, aber das ist einfach nur noch lächerlich; und nervig. In jedem Buchladen und jeder DVD-Abteilung glotzen einen die weltschmerzverzerrten Gesichter dieses Beißer-Bubis und seiner Klone an. Bei Thalia habe ich neulich sogar neben den Regalbeschilderungen „Fantasy“, „Thriller“ und „Biografien“ eine Sonderabteilung „Vampire“ entdeckt. Das geht einfach zu weit. Bis(s) zum Kotzen wird die Blutkuh da gemolken, damit die Teenies ihr ergaunertes Taschengeld in den Rachen dieser Kitschindustrie werfen. Die Leidtragenden sind Leute wie ich, die einfach nur einen klassischen Vampirfilm sehen wollen. Einen mit einem Bösewicht, der unglaubliche Macht besitzt und diese zur Unterjochung der Menschheit einzusetzen gedenkt, wobei ihn ein möglichst harter Vampirkiller die ganze Zeit das Leben schwer macht um ihm im großen Finale dann die Grütze aus dem untoten Schädel zu hämmern.

Naja, davon muß man sich wohl verabschieden. Heutzutage werden Vamipstories mit unterschwelligen Moralvorstellungen von Mormonen versehen um die Teenager zur Enthaltsamkeit vor der Ehe zu erziehen. Gibt es irgendetwas Absurderes? Meiner Meinung nach nicht. Der einzige Trost dabei ist, daß es bislang noch keinem gelungen ist, die guten alten Zombies ins pseudoromantische Sülz-Genre zu überführen und zu verweichlichen. Zombies sind der letzte Anker, an welchem das Kreuzfahrtschiff des klassischen Horrors der Sturmflut sinnloser Verweichlichung trotzt und seine Position hält. Bitte lasst die Kette stabil sein!
Abschließend möchte ich hier mal einen endgültigen Lösungsansatz für das sülzige Romantikdilemma des Vampirgenres liefern:

Bis(s) zur Erlösung!



6 Kommentare:

  1. Also ich bin ja so eine Art Experte auf dem Gebiet der Vampirliteratur und der Vampirfilme.
    Und deswegen muss ich sagen, dass coole Säue à la Blade im Vampir-Genre doch eher selten sind. Du willst doch nicht allen Ernstes behaupten, dass Lestat und Louis nicht ein wenig metrosexuell sind? Und Louis ist sogar äußerst melancholisch und hinterfragt seine Existenz dauernd, bis er sich nur noch von Ratten ernährt.
    Und dann noch der Klassiker Bram Stokers Dracula, der verzweifelt alles tut, damit Mina, die seiner verstorbenen Geliebten wie eine Zwilingsschwester ähnelt, ihn liebt.
    Also muss ich dich leider enttäuschen und dir sagen, dass die meisten Literatur- und Filmvampire schon immer schwülstige Melancholiker, die nur ab und zu zu richtigen Monstern geworden sind.
    Twilight ist hauptsächlich deswegen so schlimm, weil die Autorin eine sehr fragwürdige Weltansicht hat.
    *nur-mal-so-anmerk*

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  2. Hehe, alles richtig. ;-) Aber trotzdem haben diese ganzen Filme noch einen enormen Coolness-Faktor. Lestat und Louis machen halt diese ganze Finsternis des Films aus als Quasi-Gegenspieler die ohne den anderen irgendwie auch nicht können. Ein wenig dieser düsteren-Verträumtheit haben Vampire nunmal, wenn man das richtig verpackt, wirds ein großer Film (deswegen fand ich van-Helsing auch so schlecht). Aber bei Twilight wird eine miese Story mit miesen Schauspielern einfach nur grottenschlecht werwurstet. Bin bei Vampirfilmen halt Nostalgiker.

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  3. Ich wollte einfach nur darauf hinweisen, dass Vampire eben schon immer ein bisschen metro waren ;)
    Aber das mit dem Nostalgiker verstehe ich, mit dem Ende der 90er Jahre sind gute Vampirfilme irgendwie gestorben. Zumindest erinnere ich mich an keinen einzigen guten Vampirfilm seit 2000.

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  4. Habe gerade mal mein DVD-Regal kritisch geprüft... hast Recht, seit 2000 nur noch Mist (will heißen: Hab seit dem nichts im Bestand ;-))! Da fehlt einfach so eine Art Vampirfilm-Guru, der verantwortungsbewußt über die Einhaltung gewisser Grundnormen wacht. Ein George A. Romero des Vampirfilms sozusagen.

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  5. Hehe,... er hieß nicht Kunibald, das wäre ja schon fast wieder cool. Es war was langweiliges.

    Aber Vampire scheinen wirklich ein Trend zu sein, wenn selbst die Sparkasse damit Werbung macht!

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  6. Ich muss euch jetzt alle mal desillusionieren: es gibt nämlich nichts Blutrünstigeres auf dieser Welt als MÜCKEN. Vampire, HA! harmloses Gesindel. (Und so ganz nebenbei, von einer Liebesgeschichte zwischen denen und ihren Opfern habe ich noch nie gehört.)

    Grüße! N.

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