Mittwoch, 12. Januar 2011

DIE EIER VON SATAN

(Tool)

Mahlzeit! Ich wollte gestern mehr oder weniger Spontan ein paar Muffins backen. An sich ja kein großes Ding: Backmischung und Zutaten erstehen, den ganzen Quark zusammenschmulchern und fertig ist die Laube. Aber (ACHTUNG: es folgt meine aktuelle Lieblingsfloskel) IN ZEITEN WIE DIESEN ist das mit schier unüberbrückbaren Hürden verbunden. Ich latschte also in den Toom meines Vertrauens und klapperte zunächst das Backmischungsregal ab. Daraufhin erstand ich noch gutes Speiseöl und steuerte nichts Böses ahnend die Eiertheke an. Da ich leider keinen Fotoapparat dabei hatte, kann ich diese Mischung aus Tristesse und Bombentrichter nicht dokumentarisch belegen, aber glaubt mir: Es war grauenhaft!!! Ich für meinen teil schwöre ja ohnehin auf Bio-Eier, die machen den Muffin erst so richtig fluffig, aber mittlerweile bin ich da nicht mehr der Einzige wie es aussieht. Bislang hatte man immer die freie Auswahl in der Bio-Ei-Ecke, während die Kollegen „Analog-Ei“ vom gestapelten Käfighuhn reißenden Absatz fanden. Spektakuläre 40 Cent billiger die Packung, sicher, aber geschmacklich eben auch minderwertig. Wenn man, wie ich, mit glücklichen Eiern (keine dummen Sprüche jetzt, ich warne euch!) von noch glücklicheren Hühnern groß geworden ist, dann weiß man den feinen Unterschied zu schätzen. Wenn ich Urlaub bei meinen Großeltern machte, kam es vor, daß ich das Zucht-Zwerghuhn höchstpersönlich von meinem frisch gelegten Frühstück schubste. Dann wanderte die Handwarme Köstlichkeit direkt in die Pfanne, respektive in den Kochtopf, während die blöde Henne wild gackernd und freilaufend durch den Garten keifte. Soll sich mal nicht so anstellen, das Vieh, kann doch jederzeit ein neues Ei legen (was nicht zwingend vor dem Gleichen Ablauf schützt versteht sich). Dazu dann noch frische Milch vom befreundeten Bauern nebenan und das Frühstück konnte beginnen. (selbstredend nicht dieses entfettete, ultrahoch erhitzte High-Tech-Food, was uns da draußen angedreht wird, nein, damals kam die Milch noch aus der Kuh.) Naja, so war das damals jedenfalls. Außerdem gabs jedes Weihnachten Schnee und der Himmel war immer blau (glaube ich zumindest). Soweit mal zur Erklärung meiner Bio-Ei-Vorliebe, man will ja nicht grundlos als Öko-Hippie verschrien werden. Gestern stand ich jedenfalls vorm Eier-regal und sah mich einem kriegsähnlichen Zustand gegenüber. Die Bio-Eier waren fast ausverkauft und von den verbleibenden 5 Packungen waren zwei derart übel zugerichtet, daß man schon Mitleid mit der armen Reinigungskraft haben musste, die den ganzen Stand wieder polieren muß. Ich klaubte mir die erträglichste der noch heilen Packungen aus der Menge und sicherte sie im Korb, während sich vor meinem inneren Auge die Ereignisse der vergangenen stunden an eben diesem Eierstand erst formierten um dann filmartig abzulaufen:

Der blitzblank gewienerte Eierstand wird von der verantwortlichen Toom Hühnereifachverkäuferin mit frischer Ware befüllt. Dabei pfeift sie ein gar lustig Liedchen, während die grünen Packungen mit den schon fast ekstatisch gackernden Hennen in ihrer Almidylle in die Auslage wandern. Dann schiebt sie ihr Wägelchen zurück ins Lager und gibt ihrem Kollegen arglos das Signal, er möge doch die Hauptschleuse für das wartende Kundenvolk öffnen… das Problem war wohl, daß er genau das tat! Vor eben dieser Türe hatte sich nämlich schon der wütende Mob versammelt, eine Ansammlung erboster „Verbraucher“, die sich geifernd gegen die Scheibe drückte. In einer Hand hängt der liebevoll gebügelte Dederon-Faltbeutel mit Blümchenmuster, während die andere schon krampfhaft die BILD umklammert hält. Auf dieser prangt bereits auf der Titelseite in unsagbar fetten, eitergelben Lettern die Hiobsbotschaft vom DIOXIN – SKANDAL!!! 
Verbunden mit einer Berichterstattung, die vermuten lässt, daß man bereits beim Streicheln eines betroffenen Hühnchens auf direktem Wege in die Grube springt. All die vormals preisbewussten Sparfüchse, die dann wieder doch nicht preisbewusst genug sind um vorübergehend auf das Frühstücksei zu verzichten, haben sich zu einem Sonderkommando „Bioei“ zusammengerottet, für die das Öffnen der Türen so eine Art Startschuß in den Blutrausch. Als wenn man einem weißen Hai stundenlang einen Film über die Blutwurstproduktion zeigt um ihn dann auf den niedlichen, kleinen Nemo los zu lassen, so stelle ich mir das vor. Ungebremst stürmt diese Horde dann durch die Verkaufsräume und brandet wellengleich gegen das Bioei-Regal. Rentnerinnen werden zu Furien, während sie sich ihrer Altersgenossen erwehren um auch ja noch eine Packung sauberer Potentialkücken zu ergattern. Handtaschen fliegen, Wärmepflaster lösen sich lauf schnalzend vom krummen Buckel und Rollatoren kullern herrenlos über den Gang, während ihr Besitzer in einem Anfall plötzlicher Agilität voran stürmt. Mitten in dem ganzen Chaos hört man das Knacken der Eierschalen nicht, sieht man nicht, wie sich Dotter und Eiweiß literweise über die Verpackungen ergießen und blutgleich vom Regal tropfen. Als sich der Ansturm dann gelegt hatte… kam ich. 18:30 Uhr übrigens, man kann also davon ausgehen, daß das Chaos zwischenzeitlich mehrmals beseitigt wurde. Aber das war wirklich signifikant, dieses Schlachtfeld. Die Einzigen, die davon gar nix mitbekommen haben, das waren die Kollegen Billigeier. Verschmäht lagen sie in ihrem Regal, sauber aufgestapelt und in Reih- und Glied gestapelt. Ehrlich, da fehlte kaum eine Packung. Deprimierend dieser Anblick… das erinnerte mich an früher, an den Sportunterricht, wie ich beim Gruppenschwebebalkenturnen immer als Letzter in die Mannschaft gewählt wurde. Im Nachhinein verständlich, aber trotzdem grausam! Arme Analog-Eier! Irgendwie sind die Dinger gerade so was wie die FDP der Grundnahrungsmittel: Fast jeder der sie früher wählte, will gerade so gar nix mehr von ihnen wissen. Und warum das alles? Nur weil man plötzlich merkt, daß es keine allzu gute Idee ist, Hühner mit Maschinenöl zu füttern. Sicher, der Vogel quietscht dann nicht so, wenn er in seinem vollgeschissenen Käfig hockt, aber ich würde zu dieser Praxis mal laienhaft behaupten: Die Nachteile überwiegen. Auch wenn das Dioxin in den Eiern jetzt nicht so gefährlich ist wie es gerade gemacht wird, man sollte doch bitte versuchen das abzustellen. Denn ich habe eine fundamentale Angst, wenn dieser Run auf die Bio-Eier anhält: Die Biohühnchenpreise werden steigen. Hmmm, lecker, das bringt mich auf eine Idee fürs Abendbrot… ich bin dann noch mal kurz im Krisengebiet.

8 Kommentare:

  1. Manchmal bin ich ja wirklich kurz davor dich mit Großmeister anzureden. Bis dahin: Großartig, meisterlich!
    Ich hab noch zwei Bioeier im Kühlschrank... Meine Anlage in die Zukunft. ;)

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  2. Du weißt schon, daß ich Dir dieses "Großmeister" jetzt lebenslang um die Ohren hauen werde, oder?!? ;-)

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  3. ich habs ja nicht gesagt, sondern war nur kurz davor!

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  4. Dann sag' ich es eben: Großmeister! So!

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  5. Danke! Nun haben wir für "die Realität anerkennen" eine Zweidrittelmehrheit gegenüber diesem Jungspund! ;-)

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  6. wie gut, dass du dich immerhin immer auf deinen alten GVH verlassen kannst... ;)

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  7. Was hat das mit dem "alt" jetzt wieder zu bedeuten?!?

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  8. Die junge Maid suchet Händel!! ;-)

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