Freitag, 28. Januar 2011

MEIN BLOCK

(Blumentopf)
  
Ich muß mal eine Lanze für das weltweite Werbegeschenk Nr.1 brechen: den Kugelschreiber! Was ich in den letzten Jahren für Werbekugelschreiber bekommen habe… sagenhaft. Jedwede Institution oder privatwirtschaftlich organisierte Service-Klitsche scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, diese Schreibgeräte unters Volk zu jubeln. Meistens verläuft das so, daß man zu einem Vortrag / Präsentation / Meeting eingeladen wird, wobei der Hinweis auf die handelsüblichen Schreibutensilien bisweilen fällt. Also packt man sich den Zettelblock (ich benutze da natürlich NICHT den neutralen, sondern das auf meinen Arbeitgeber personalisierte Tropenholzendprodukt; weils eben einfach wichtiger aussieht. Aber das sei mal dahin gestellt, jedenfalls betritt man den Raum und lässt sich vor einer jener bekannten Dokumentenmappen nieder. Meist enthalten die Flyer und Infomaterial, welches man mal kurz überfliegt und Monate später nebst der restlichen Mappe säuberlich durch den Schredder jagt. Daneben (oder darunter) wartet dann ein auf den Veranstalter personalisierter Schreibblock. Diese Dinger haben es mir ob ihrer ungeheuerlichen Praxisorientierung auch angetan. Denn man erhält da keinen chlorfrei gebleichten 50 Seiten Standardblock, nein… da gibt’s immer diese deckblattlosen Fünfseiter mit Papprückwand. Mitunter nimmt einem das Firmenlogo fast den Platz für eine auch nur halbwegs überschaubare Mitschrift. Wahrscheinlich soll einem diese auf den ersten Blick recht geizig dimensionierte Veranstaltungsmitgift zwar die Großzügigkeit des Unternehmens vermitteln, jedoch nicht ohne den unterschwelligen Hinweis „wir arbeiten hier rational, verschwenden nichts“. Fein, Fünf Blätter reichen ja auch. Die hebt man sich komischer Weise auch immer auf, wenngleich man sie nie wieder benutzt. Bei mir landet der Kram immer in einem möglichst abgelegenen Winkel eines noch abgelegeneren Büroschrankes und stapelt sich autopoietisch zur Turmhöhe auf. Aber auf diesem Block liegt immer ein Kuli. Nicht irgendwie, nein, sondern leicht schräg. So, als würde man damit eine gewisse Dynamik und Lässigkeit ausdrücken wollen. Ich sag mir dann immer: „Hey, die wollen damit bestimmt eine gewisse Dynamik und Lässigkeit“ ausdrücken“! Funktioniert also. Der Kuli ist qualitativ mittlerweile auch brauchbar geworden. Ich kann mich noch an früher erinnern, da gabs eine dieser chinesischen Plastepipelines mit Plastikclip, deren Mine nach wenigen Tagen den Geist aufgab. Außerdem habe ich (wie wohl 90% der zivilisierten Menschheit) ein beeindruckendes Talent, diesen meschanten Clip unverzüglich auf eine vom Hersteller nicht vorgesehene Art und Weise vom Kuli zu entfernen; ums mal klar und deutlich zu sagen: abzukrachen! Die Zeitspanne, welche ich dazu benötige verhält sich dabei umgekehrt proportional zum Informationsgehalt des Vortrages versteht sich. Jedenfalls sind diese Zeiten vorbei. Mittlerweile bekommt man Kugelschreiber mit Farbkonzept, Antirutschdingsbums und Metallclip. Dazu besitzen die Teile sogar ein mehr oder weniger mutiges Design. Ohne Scheiß, ich habe schon Kulis erhalten, die sahen aus wie Photonentorpedos! Leider hatten sie auch meist eine vergleichbare Schreibfähigkeit. Ja, der Werbekuli… entweder man leibt ihn, oder man haßt ihn. Das Paradoxe dabei ist aber: Die, die ihn hassen, benutzen ihn während für jene, die ihn abgöttisch verehren nur die unbenutzte Jungfräulichkeit den Wert der Stiftes ausmacht. Ich konnte mir das nie vorstellen, aber es gibt Menschen, die haben umfangreich Sammlungen von den Dingern. Für diese Leute ist ein Original „Schnitzel Siggi’s Schweineparadies“ – Promokuli aus der ersten Charge der 1996er Werbeoffensive des mittlerweile im Bankrott versunkenen Fleischwarengiganten aus Hintertupfingen ein kleines Vermögen wert; klar, es gibt ja weltweit auch nur noch geschätzte 24 Exemplare von denen sich dann 18 auch noch im Besitz eines neureichen chinesischen Kulimagnaten befinden. Tragisch! Das Einzige was ich bei diesem Überangebot an Werbegeschenken allerdings noch nicht gesehen habe, ist ein  „Googleschreiber“!
Ich für meinen Teil nutze die Dinger als das, was sie sind:  Schreibgeräte. Die kommen dann immer in die Kulifächer meiner Umhängetasche und werden bei Bedarf hervor gezaubert. Hat schon was, wenn man in aller Öffentlichkeit mit einem marineblauen Kugelschreiber des „VW Bildungsinstitutes“ die Hassnotiz für den Penner kritzelt, der einen da gerade zugeparkt hat. Ja, da fühlt man sich gleich besser. Auch nett: Mit einem grün-gelben Promotionkuli von der „Fleischerei Richter“ einen dieser Hippie-Stände ansteuern und unter falschem Namen eine Petition gegen den Verzehr von Fleisch unterzeichnen. Noch besser: Vorher eine Bratwurst kaufen und deren Saft beiläufig auf die Unterschriftenliste tröpfeln lassen während man mit klebrigen Fingern sein Pseudonym daherkritzelt. Dem aschfahlen Körnerzombie, dem seine Gleichbeknackten die Hoheit über diese Weltrettungsstation anvertraut haben, wird vor lauter Entsetzen der Tofu von der Möhre purzeln, das verspreche ich euch!
Na wie dem auch sei, jedenfalls bin ich derzeit wieder gut mit Werbekugelschreibern ausgestattet. Es ist unglaublich, was eine interne Umstrukturierung und ein paar Trägerpräsentationen mit dem Stiftefach meiner Tasche gemacht haben. Kein Platz mehr frei; und schick sind sie, ja fast schon futuristisch im Design. Herrlich! Jetzt muß ich nur noch abwarten, ob sie sich auch zum Schreiben eignen… falls nicht, kann ich immerhin noch mit ihnen gegen die Romulaner in den Krieg ziehen.

2 Kommentare:

  1. Komisch, bei mir ist das immer anders. Ich packe jede Woche Kulis aus der Kiste in die Stiftefächer im Büro (übrigens OHNE Werbeaufdruck) und eine Woche später sind schon wieder alle weg. Ich glaube, bei uns lebt ein Kulimonster, das die Dinger frisst.

    Grüße! N.

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  2. Es soll ja Leute geben, die nur wegen den zu erwartenden Kugelschreibern zu Messen und Tagungen fahren.

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