Am gestrigen Tage bot sich mir zum mittlerweile vierten Mal die Möglichkeit, ein Rainald Grebe Konzert zu besuchen. Wobei „Konzert“ eigentlich eine unzutreffende Umschreibung ist. Grebe spielt zwar vornehmlich die Songs und Lieder seiner veröffentlichten Alben an so einem Abend herunter, aber ein Abend mit Rainald Grebe hat so viel mehr zu bieten als das. So bereute ich es auch nicht im Geringsten, daß ich das aktuelle Programm bereits zum zweiten Mal sah, Grebe lohnt sich immer.
Die Anreise alleine war schon Realsatire: Auf der Fahrt gen Jana wurden wir von Sonnenschein umflutet, aber sobald wir die Stadtgrenze überquerten, setzte ein höllischer Platzregen ein, der uns schon massiv daran zweifeln ließ, daß wir den Abend trockenen Fußes überstehen würden. Als wir dann aber gen Venue aufbrachen (so gegen 18:30 Uhr), da hatte sich das Gröbste schon von alleine geklärt und der Himmel zog langsam wieder blank. Der Einlass nahm dieses Mal ein wenig mehr Zeit in Anspruch, die recht ansehnliche Warteschlande wand sich bei unserer Ankunft um die halbe Kulturarena. Eigentlich kein Wunder, angesichts des Wetters wollte wohl kaum einer wesentlich eher da sein. Irgendwann betraten wir die Arena und suchten uns ein chilliges Plätzchen von welchem aus wir das Konzert bzw. die Darbietung genießen konnten. Dazu trug dann natürlich auch ein gutes Kösti seinen Teil bei. Die Show begann dann mit den typischen Mätzchen und schrägen Kostümierungen, als ein Bettlakengespenst eine Plastikrohrtröte ins Publikum schob und lautstark trötete. Gemeinsam mit Grebe (stilecht mit Indianerkopfschmuck) kam sein „Orchester der Versöhnung“ nach und nach auf die Bühne getröpfelt. Bunt, schrill und bisweilen herrlich absurd kostümiert. Nach ein paar Aufwärmübungen starteten wir mit „Angeln“ in den Abend. Hernach folgte ein Großteil seines (noch) aktuellen Albums, garniert mit einem Vorboten der kommenden Scheibe. Wenn der Rest der CD ähnlich gerät wie dieser Song, dann freue ich mich schon tierisch auf das neue Programm. Ansonsten wurde auf der Bühne wieder allerlei Schabernack getrieben und Humor auf der Grenzlinie zwischen Klamauk und Hintergrund zelebriert. Alleine die Anspielungen, Seitenhiebe und verschmitzt unters Volk gejubelten Randbemerkungen des Herrn Grebe setzen zwar nicht zwingend Abitur, oft genug aber ein gesundes Maß an Bildung voraus um sie zu verstehen und nicht nur als effekthascherischen Gagaismus abzutun. Verglichen mit 2008, als ich Grebe zum ersten Mal in Jena sah, wurde das Publikum ein wenig zögerlich warm mit dem Meister. Grebe ist in Jena immer noch so etwas wie ein verlorener Sohn, was man gestern aber erst ab dem zweiten Drittel des Auftritts merkte. Die Initialzündung war der nackte Stripper, der „Mike aus Cottbus“ optisch untermalte und am Ende nur mit einer US-Flagge verhüllt von der Bühne tippelte. Ab da liefs reibungslos für Grebe (hehe, passende Metapher) und er wurde hinein in die Zugabenblöcke getragen. Highlights bis dahin waren für mich wieder „Diktator der Herzen“,"Oben", das melancholische „Lonely Planet“ und natürlich "Prenzlauer Berg"... einfach göttlich.
Gegensätzliche Songs, aber jeweils großartig rüber gebracht. Das ganze Programm schwankt ohnehin zwischen Musik, Schauspiel, Klamauk und Pseudoimprovisation (im besten Sinne). Eine klare Struktur läßt sich da kaum ausmachen. Zählt man nur die Songs auf, geht gut die Hälfte an Unterhaltungswert flöten.
Gegensätzliche Songs, aber jeweils großartig rüber gebracht. Das ganze Programm schwankt ohnehin zwischen Musik, Schauspiel, Klamauk und Pseudoimprovisation (im besten Sinne). Eine klare Struktur läßt sich da kaum ausmachen. Zählt man nur die Songs auf, geht gut die Hälfte an Unterhaltungswert flöten.
Die Zugaben wurden direkt mit „Der Präsident“ eingeleitet. Das Lied ist so etwas wie der jüngste aller Grebe-Klassiker und schlägt Live immer und immer wieder brachial ein. Sehr positiv ist auch, daß die „alten Klassiker“ immer wieder variiert werden. So bekommt auch „Brandenburg“ einen ganz neuen Drive indem es mal jazziger, mal wieder bluesiger, dann balladesk vorgetragen wird. So wurde auch gestern jedes „BERLIIIIIIIN!!! HALLELUJAH BERLIIIIIIIIIIIN!!!!“ zur kollektiv gefeierten Konstanten, während der Rest durch die Variationen erfrischend unabgegriffen wirkte. Nebenbei wurde noch auf den Curfewverantwortlichen (Anwalt, Balkonvermieter) geschimpft und nach dem zweiten Zugabenblock eine 23 Uhr – Punktlandung hingelegt. Was natürlich gestern nicht fehlen durfte, das war „Thüringen“, die inoffizielle Landeshymne des Nachbar(bundes)landes. Der Refrain wurde von allen Anwesenden leise mit gesummt, was schon einen mächtigen Gänsehautfaktor hatte.
Als es dann mal wieder viel zu schnell vorbei war, blieb mal wieder die Erkenntnis hängen, daß man für Grebekarten eigentlich blind Geld ausgeben kann. Ein unterhaltsamer Abend mit jeder Menge schräger Momente ist garantiert. Findet der Abend dann auch noch in der alten Heimat des Meisters statt, so sollte man schon zwanghaft zum Kartenkauf schreiten. Wir jedenfalls fuhren gestern wieder wesentlich besser gelaunt und beschwingter nach Hause, als wir gekommen waren… und da waren wir schon sensationell gut drauf!
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