Sonntag, 27. November 2011

MONSTERPARTY

(Die Ärzte)

Gott sei Dank nun ist’s vorbei mit der Assiwänsterei! Die televisionäre “Stille Treppe” vom Dienst hat mit ihrem Brötchengeber gebrochen. Die “Super Nanny” ist nicht mehr; K. Saalfranck hat hin geschmissen. Endlich!!! Wieder ein effekthascherisches Proletenformat weniger im Unterschichtenfernsehen! Wobei: Es gibt auch einige noch schlimmere Sendekonzepte, die es meiner Meinung nach noch vor dieser (V)Erziehungsshow hätte erwischen können. Hat es aber (leider) nicht. Aber so können wir wenigstens mal kurz durchatmen, keine renitenten Blagen mehr, die sich brüllend vorm Fernseher wälzen oder ihre Geschwister beim Zigarettendrehen stören! Keine siebzehnjährigen Hauptschulabbrecherinnen mehr, die gerade das vierte Kind vom fünften Mann austragen und dabei schon mit Justin, Kevin und Zehderick heillos überfordert sind. Keine Stiefväter mehr, die den ganzen Tag Bier saufend auf dem Sofa hängen, RTL gucken und den Stiefnachwuchs dabei mit allerhand mehr oder weniger kreativen Tiernamen (bevorzugt mit vorgeschaltetem, degradierendem Adjaktiv kombiniert) bombardieren. Und vor allem keine selbstgerechte Rettungsmuddi mehr, die auf ihrem Besen beim Assivolk ins Haus gedübelt kommt und sich vor versammelter Fernsehnation als ultimativer pädagogischer Bezugspunkt der Gesellschaft produzieren muß. Versteht mich nicht falsch, Familienarbeit und ne gewisse soziale Kontrolle sind wichtig, was die Saalfranck da macht ist im Grunde genommen auch notwendig und unverzichtbar, aber warum muß ich denn da ein Kamerateam – auch noch eines vom landesweit bekannten Niveausender RTL – mit hin schicken, was das Ganze dann auch noch filmt?

Ich habe mich dann immer gefragt, was das für Beknackte sind, welche sich freiwillig beim Unterschichtenfernsehen anschwärzen. Entweder sind die wirklich alle so dumm, daß sie meinen, das Problem ist das Kind und nicht der eigene Umgang mit selbigem, oder das sind einfach nur (*sorry*) die ultimativen Mediennutten, denen für ein wenig Sendezeit nix zu peinlich ist. Hauptsache man wird dann im Bekanntenkreis für die eigene Niveaufreiheit kräftig abgefeiert, immerhin war man ja auf RTL, was in diesen Milieus vergleichbar ist mit einem Lottogewinn für uns “normale” Menschen. Es fanden sich jedenfalls genug “Eltern”, um 145 Folgen zu füllen, in welchen die Saalfranck fröhlich vor sich hin erzog, was bis dato nur “nebenbei aufwuchs”. In 14 Tagen sollte sie das wieder gut machen, was vorher über Jahre versaut wurde… sehr realistisch. Gesendet wurden immerhin 40 Minuten der “Rettungsaktion”, wobei am Ende immer das “Happy End” stand; NOCH realistischer! Tut mir leid, aber mit zwei Wochen stiller Treppe und gemeinsamen Abendessen macht man aus nem Kevin noch kein Wunderkind und aus Assieltern keine Heiligen! Aber genau das wurde ja transportiert.

Wenn dann so ein Hohlrollerpärchen den Eindruck hatte, das Kind, was sie irgendwann im Suff mal fabriziert haben und das ihnen nun auch schon wieder seit 9 Jahren die Freizeit verhagelt, könnte doch auch mal ein wenig Erziehung vertragen damit es in ein oder zwei Jährchen vielleicht doch eingeschult werden kann, dann riefen sie die “Super Nanny”. Das ganze Format ist mit der Zeit doch sprichwörtlich zur letzten Rettung der pädagogisch Armen verkommen. Die haben doch bei RTL nicht etwa angerufen, weil sie sich in der Erziehung überfordert fühlten, sondern weil ihrer Meinung nach der renitente, boshafte Störenfried im Laufstall ihnen das Leben absichtlich zur Hölle macht. Wahrscheinlich haben einige sogar erwartet, daß die Nanny dem Wanst mal pädagogisch eine scheppert und sagt “Ja, liebe Eltern, ihr habt recht! Das da ist Luzifers Wechselbalg und ihr tut mir leid, denn ihr habt alles richtig gemacht und trotzdem seit ihr mit diesem Ding da bestraft worden!” Das Weh und Ach war dann immer groß, als es wider Erwarten plötzlich doch an den Eltern liegen sollte – wer kann denn das auch ahnen, daß die Vertreter des Lieblingssenders am Ende ihre Zuschauer der Dummheit bezichtigen?! (Leute die Reflektieren können, haben mit dem Erringen dieser Einsicht im Falle von RTL in der Regel kaum nennenswerte Probleme.) So lief das aber immer und immer wieder! Ich habe auch ein paar Folgen gesehen und bei gut der Hälfte davon hätte ich persönlich an Saalfrancks Stelle die Eltern am liebsten bei Seite genommen, ihnen barbarisch eine auf den Hinterkopf gekachelt (Denkanstoß…) und die Kinder vom Jugendamt retten lassen. Das ging ja streckenweise gar nicht, was da los war. Das gehört auch nicht ins Fernsehen meiner Meinung nach! Daß die Eltern sich lächerlich machen, das ist ja noch selbst gewähltes Leid, aber die Kinder werden doch noch über Jahre damit gehänselt, was sie doch für Assieltern haben.

Angeblich soll jetzt auch noch durchgesickert sein, daß der Grund für die Beendigung der Serie war, daß die Nanny es nicht so knorke fand, daß RTL “gegen pädagogische Interessen” eingegriffen habe. So steht es jedenfalls in diversen Artikeln. Nur erklären tut einem das da keiner. Was heißt denn “gegen pädagogische Interessen eingreifen”? Nun, es könnte zum Beispiel bedeuten, daß man immer feste drauf gehalten hat mit der Kamera, wenn Mama Schakkeline ihren Dreijährigen am Ohrläppchen zurück ins Bett zerrte und ihn dann liebevoll in den Schlaf prügelte, anstatt unverzüglich einzugreifen. Es könnte aber auch heißen, daß man das Jugendamt hier und da ein wenig zu spät einschaltete um vorher noch möglichst viele Aufnahmen der Kinder abzufassen, die zwischen halb leeren Bierflaschen mit Papas Zigarettenstummeln Halma spielen. Es könnte aber auch heißten, daß man in bester Scripted – Reality – Manier die Zustände quotenwirksam aufmotzte indem man volle Windeln an die Küchendecke klebte oder den Rottweiler zum Spielen ins Kinderzimmer ließ ohne daß die Eltern eine Ahnung von dieser Sabotage hatten. Wie gesagt: Könnte, lang lebe der Konjunktiv! Entscheidet mal selbst, was davon ihr annehmen wollt, die Möglichkeiten sind unbegrenzt.

Ich für meinen Teil werde diesem Format keine Träne hinterher weinen, jedenfalls noch nicht. Denn zum Heulen wird mir vermutlich dann zumute sein, wenn das Flaggschiff des Unterschichtenfernsehens in Kürze das Nachfolgeformat vorstellt. Denn ihr wißt ja: Schlimmer geht immer! Insbesondere bei RTL!!!

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