Samstag, 21. Januar 2012

HUNGER STRIKE

(Temple of the Dog)

Die Nelja fragt heute in ihrem Blog nach dem Trauma fürs Leben. Gott sie Dank habe ich da eine recht übersichtliche Auswahl, aber dennoch gibts da ein absolut herausragendes Erlebnis. Ihr müßt wissen, daß ich als Kind kulinarisch nicht sonderlich einfach war. Gemüse ging gekocht mal gar nicht ( also GAAAAR NICHT!!!!) und bei Fleisch war ich auch wählerisch. Nicht unwesentlich beigetragen dazu hat meine Kindergartenzeit. Das Kantinenessen war zwar im Großen und Ganzen OK, bisweilen sogar richtig lecker (ich sage nur “Quarkspeise” oder “Kartoffelsuppe mit Wiener”), hatte aber auch so seine finsteren Momente. Die beiden absolut unmöglichsten Nahrungsmittel damals waren einerseits die Fleisch-/Knorpelbrocken, welche man damals in der Zone immer in die Großkücheneintöpfe rührte. Diese Dinger knirschten immer beim Kauen und hatten ohnehin eine gummiartige Konsistenz… furchtbar! Da kam mir damals im Kindergarten schon immer die Suppe hoch, aber das war damals nicht mehr so schlimm. Warum? Ganz einfach, denn die Erzieherinnen hatten gelernt, daß man sich mit dem Meister mal lieber nicht anlegt… denn das geht nach hinten los.

Jedenfalls gab es etwas, das ich mal so überhaupt nicht mochte… was sogar noch schlimmer war für mich, als dieses Ekelfleisch: ROSEN*fucking*KOHL!

Rrrrosänkoohälllll

Der Hitler unter den Gemüsen! Ich mochte dieses Zeug nicht, ekelhaft, buähhhhh, schauder, würg, WÜRG, WÜÜÜÜÜÜRRRRRRG!!!!!! Aber gut, den gabs ja nunmal trotzdem im Kindergarten. Irgendwie hatte meine damalige Erzieherin einen schlechten Tag erwischt, soweit ich mich erinnere (und hey: das ist mittlerweile 28 Jahre her… ) war es eh nicht die Frau Dunkel, welche unsere Gruppe normalerweise erzog, sondern so an andere Schachtel. Jedenfalls gab es zum Mittagessen Rosenkohleintopf mich ganzen Röschen. Klein Even weigerte sich beharrlich diese semiliquide Zumutung zu sich zu nehmen. Was dazu führte, daß ich zunächst vor meinem Teller sitzen bleiben mußte, während der Rest sich schon auf die Mittagsruhe vorbereitete. Als ich dann immer noch nicht aß, gesellte die Schachtel sich dann zu mir, schnappte sich den Löffel und begann mit der Zwangsernährung. Nach ungefähr 5 – 7 Löffeln, welche ich unter Protest zu mir nahm, begann es in meinem Magen zu brodeln. Das Letzte, woran ich mich erinnern kann ist, wie ich aus feinster Egoshooterperspektive dabei zusah, wie ein mächtiger Strahl angedautem Rosenkohls, vermischt mit Frühstücksresten, laut zischend aus mir heraus schoß und sich plätschernd über den Tisch und diverse Stühle ergoß… und auch darüber hinaus.

Na, lassen wir das lieber, ich glaube meine weiteren Metaphern, welche ich für gewöhnlich benutze um die Szenerie zu beschreiben, könnten ein wenig unappetitlich sein. Jedenfalls fand ich das furchtbar! Alleine diese blöden, mittlerweile erkalteten Rosenkohlröschen immer wieder in den Mund gestopft zu bekommen, was ich gar nicht wollte… dazu noch diese schreckliche Frau mit dem scheiß Löffel, die die ganze Zeit auf mich einquarkte. Was mir dann noch den Rest gab war vermutlich dieser Geruch nach Kohlsuppe, der mir in die Nase stieg. Bis heute kann ich keinen Rosenkohl mehr essen, mir kommt es schon hoch, wenn ich das Zeug nur rieche. Zuletzt war das vor ca. drei Wochen auf Arbeit der Fall, als ein paar Kolleginnen sich eben jenen Eintopf geordert hatten vom Bringdienst. Ich war heil froh, als die Suppe ausgelöffelt war und ich unbehelligt in mein Wurstbrot beißen konnte. Jedenfalls hat diese pädagogische Blendgranate von einer Erzieherin mir damals für immer den Rosenkohl verdorben. Selbst wenn das Zeug schmecken würde wie Kobe-Rind, ich könnte mich nicht überwinden. Aber sie hat ja ihre Strafe erhalten. Nachdem sie ne halbe Stunde den Tisch, die Stühle und den Rest des Zimmers wienern, den Dreijährigen (wie es heißt: mittlerweile ob ihrer Misere laut über sie  lachenden) Even umziehen und sich obendrein auch noch ne Erklärung für meine Mutter überlegen mußte, hatte sich in meiner Kita endgültig die Erkenntnis durchgesetzt, daß es besser war, mich auch mal hungrig in die Mittagsruhe zu schicken, wenn ich es denn so wollte. Alles andere konnte bööööse enden.

4 Kommentare:

  1. Rosenkohl war das einzige Gemüse, das ich als Kind nicht essen musste und das es für meine Kinder nur einmal zum Probieren gab und dann nie wieder gekauft wurde - bis HEUTE.
    Echt, ich musste so lachen, denn ich komme grad aus dem Supermarkt meines Vertrauens mit einem Beutelchen Rosenkohl! Ich stand da so davor und dachte, der sieht ja aml ausnahmsweise lecker und frisch aus, ich könnte den ja mal nach Jamie-Art zubereiten, angeschwitzt mit Pfeffer und Muskat - und wenn er mir doch nicht schmeckt, ha ich ihn in die Tonne. (Sieht ja keiner, weil ich grad alleine bin.)
    Ich schwöre, der pure Zufall! Und das Experiment ist ja auch noch nicht ausgeführt, wer weiß, was mich morgen ereilt ...

    Grüße! N.

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  2. "Der Hitler unter den Gemüsen" pruust....Rosenkohl ist aber echt kein Kindergemüse. Nebenan bei uns war so ein Park, da stand ein Denkmal: Mann mit abben Ohren. "Das ist der Mann, der keinen Rosenkohl mochte", behauptete mein Vater... Ich hab aber irgendwie davon kein Trauma gekriegt ;-) LG von Rana

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  3. Und komischerweise habe ich jetzt im fortgeschrittenen Alter das Zeug lieben gelernt. Oder ist es die viele Sahne drin? Oder der knusprige Speck in Würfeln? Was bin ich froh, dass ich nie in einen Kindergarten musste :-)

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  4. Der Hitler unter den Gemüsen - Hehe... mein Satz des Tages.

    Ich erwähne jetzt mal nicht, dass ich Rosenkohl liebe!! Aber Deine Kindergartentante gehört heute noch für diese Aktion gesteinigt.

    LG

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