Sonntag, 15. Januar 2012

NO CLASS

(Motörhead)

Ich habe neulich so eine Werbung für eine dieser neumodischen Frauen- und Lifestylezeitschriften gesehen. Die sind ganz doll hip, wirklich! “In” bis zum Getno und so! Dermaßen aktuell, daß sie bereits die Trends von übermorgen wieder auf der “Out”-Liste führen… und zwar schon seit vorgestern. Auf dem Cover sind immer irgendwelche breit grinsende Weiber in Sommerkleidern und mit monströsen Hutkonstruktionen auf der Rübe, die irgend ein leidlich talentierter Fotograf in einer rotierenden Bewegung abgelichtet hat, sodaß das Röckchen sich schwungvoll im vermuteten Sommerwind aufbläht. Dann wird da noch in verschnörkelten, mit unnützen pseudoklassizistischen Bögen versehenen Schriftarten irgendwas von “Wohlfühl-Diät” aufs Cover geschrieben und fertig ist die Laube. Diese Titelfigur wird dann umringt von kleineren Fotos diverser Halbprominenter und Königshäusler mit irgendwelchen komplett uninteressanten Allerweltsproblemen. Ihr merkt schon, die Zeitschriften sind eine Mischung aus so Dingern wie “In Style” und “BUNTE”. Der Zielgruppe angemessen aber mit Anglizismen überfrachtet! Ich verstehe das nicht, warum kann man nicht “Klatsch & Yuppiefummel Magazin” drüber schreiben, damit umreißt man sein Produkt doch ganz realistisch?! Nein, es wird das “Fashion und People Magazin” propagandiert.

“Fashion und People Magazin”! Das soundet ja mal so really bekloppt if you mich asken tust! Totally Banane! Frauen, warum laßt ihr euch so was nur andrehen? Ich könnte mich da immer aufregen wenn ich diese Werbungen hören oder sehen muß. Ich bin weiß Gott kein militanter Sprachguru, der mit der verbalen Kalaschnikow auf Anglizismenjagd im Sprachdschungel geht, aber irgendwann wird das halt lächerlich; und zwar allerallerspätestens bei “Fashion & People”. Aber egal… mal zum Thema für heute: “People” *rofl*. Es ist ja mittlerweile zum medialen Lieblingssport geworden, daß man “interessante Menschen” oder eben jene, die man als “People” – Redakteuse dafür hält, ausführlich befragt und das Ergebnis dann um 87% gekürzt auf ‘ner halben A5 – Seite zusammenfasst. Im Fernsehen ist das nicht anders, auch da werden Gästesofas zusammen gestellt, daß einen das Grausen packt. Da harmoniert einfach mal NICHTS miteinander. Aber da das Format funktioniert, werden immer mehr neue Formate dieser “People” – Talkshows aus dem Boden gestampft. Das führt dann natürlich dazu, daß die Gäste knapp werden und der eine oder andere wird nur deshalb verpflichtet, damit er nicht beim Konkurrenten auftreten kann. Das ist so ein bissel das “Prinzip FC Bayern”. Das führt dann schon mal dazu, daß man plötzlich einen der uninteressantesten und blassesten Deutschen, den man sich vorstellen kann, nämlich unserem Umweltminister Norbert Rö(n)ttgen ein wenig Sendezeit schenkt. Das entbehrt doch jedweden Unterhaltungswertes, das muß denen in der Redaktion doch bewußt sein! Auch wildert man auf der Suche nach Sofafüllern mittlerweile in komplett artfremden Gefilden. Was hat zum Beispiel Lemmy im ZDF zu suchen? Und dann noch in der gleichen Sendung mit Herrn Rö(n)ttgen???? Klingt komisch, war aber so! Und zwar bei Markus Lanz, der das Lemmy – Gespräch auch komplett versemmelt. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, daß er überhaupt keinen Draht zu ihm findet, nicht einmal ansatzweise. Die Fragen sind ebenso standardisiert und oberflächlich wie… sagen wir wie eines dieser “Fashion und People Magazine”! Sogar der Simultanübersetzer verreißt es und merkt es nicht, wenn er es mit einem Wortspiel zu tun hat, was in recht seltsamen Leguan-Aussagen endet. Am meisten Spaß macht es da noch unseren obersten Umweltfutzi zu beobachten. Behütet im gehobenen Mittelstand dressiert ist dem der Lemmster augenscheinlich suspekt; er scheint förmlich Angst vor ihm zu haben. Nervöse Blicke, welche Fluchtgedanken mehr als nur erahnen lassen, die Unfähigkeit einen einzigen Satz zu bilden… all das schwebt überdeutlich im Raum. Dazu das verkrampfte Bestreben die offene, relaxte Gesprächshaltung weiter aufrecht zu erhalten, welche ihm seine Berater vorab eingebläut haben. Der Kerl läßt sich in diesen gut neun Minuten mit einem einzigen Wort umschreiben: “FAIL”!

Kurz gesagt: Lemmy passt nicht ins ZDF und schon gar nicht in diese Sendung! Das macht aber nichts, denn Herr Rö(n)ttgen tut das auch nicht. Das merkt man den folgenden 09:14 Minuten auch überdeutlich an. Das ist so ziemlich das ultimative Paradebeispiel dafür, wie man ein solchen Interview eben nicht führt und wie man ein Gespräch komplett verreißen kann wie ich finde. Was aber ein positiver Ausrutscher nach oben ist und deshalb gesehen werden sollte, zeigt die Betrachtung ab der Minute 08:45. Alleine für diesen finalen Spruch, den der Lemmy da dem Rö(n)ttgen drückt hat sich das Einschalten dann doch gelohnt.

Aber wir waren ja bei diesen dudeligen “People” – Magazinen. Da ist das wie gesagt ähnlich. Die Hälfte der Zeitung besteht aus absolut überflüssigem Geseier und die andere aus Werbung. Wirklich gute, interessante Interviews werden immer seltener. Das hat auch damit zu tun, daß durch die Talkshowflut viel zu viele Leute viel zu häufig viel zu wenig was zu sagen haben oder das zumindest meinen. Hinzu kommt, daß gute Interviewer rar werden oder das, was sie abliefern barbarisch zusammengekürzt wird um noch ein oder zwei Schlüpferwerbungen mehr unterzubringen im eigenen Wutschtblatt. Ich finde das schade, denn ein gutes Interview ist und bleibt nun mal eine tolle Lektüre. Voraussetzung ist, daß der Interviewte auch wirklich was zu sagen hat und der Interviewer sich auch dezent zurück nehmen kann. Ich hasse es, wenn ausufernde Fragen gestellt werden, welche einen beckmannesque verwirren und generell eher den Frager als den Befragten in den Vordergrund stellen. Meiner Meinung nach zeichnet einen guten Interviewer halt auch aus, daß er sein Gegenüber einfach mal erzählen läßt und sich zurück nimmt (vom einen oder anderen Nachhaken mal abgesehen). Aber das machen viele eher nicht, denen steht ihr eigenen Ego im Weg (das nennt man im Übrigen auch “Beckmannismus”). Wie dem auch sei. Ich wünsche mir vernünftige Interviewmagazine und –Sendungen zurück, oder zumindest gehaltvolle Gesprächsabdrucke in Zeitungen. Von mir aus können die ja auch für Frauen sein und nebenher über Diäten und Mode berichten. Ist ja alles legitim. Aber all den Stylingschranzen da draußen, die gehaltlose Artikel zusammenschwafeln und absichtlich über “Fashion und People” schreiben, weil sie des Deutschen nicht mächtig sind und sonst auch nix zu sagen haben sowie eh nur die Seiten zwischen den Werbeanzeigen für Faltencreme und Zalando füllen wollen, denen wünsche ich wöchentlich 7 Bad-Hair-Days und lebenslang nen ganz besonders fetten Arsch! 

3 Kommentare:

  1. Ich erinnere mich voller Freude an die Interviews, die Günter Gaus geführt hat. Ein Mensch, eine Kamera, schwarz drumrum und sehr anregende Fragen und Antworten. Selbstverständlich zu einer Sendezeit, wo People schon schlafen und auf einem Sender ohne Werbung davor dazwischen und danach.
    Ja, für so was würde sich das Anschalten des Fernsehers dann auch wieder lohnen.
    Sonntagsgrüße! N.

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  2. Allein die Aufzählung Deiner drei Labels machen diesen Artikel schon lesenwert: Fail - Frauen - Lemmy. Wieviele Geschichten da schon drin stecken... :-)

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  3. @GVH: Stimmt, das hängt irgendwie alles miteinander zusammen ;-). *duckundweg*

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