Sonntag, 11. September 2011

LONG ROAD

(Eddie Vedder, Mike McCready & Neil Young)

"Heute vor 10 Jahren..." Klingt schon irgendwie komisch, wenn man diese Worte hört wie sie einem aus der Braunschen Röhre entgegen flimmern. 10 Jahre... ja, es sind wirklich schon 10! Es ist schwer zu glauben, daß die Terroranschläge schon wieder so lange her sind, schließlich bestimmten sie und ihre indirekten Auswirkungen ja das gesamte letzte Jahrzehnt. Kriege wurden geführt, Einzelpersonen mehr oder weniger "liquidiert", Grundrechte eingeschränkt und hin und wieder ein ganzes Land mit "Terrorwarnungen" aufgescheucht. Alles scheint noch zu frisch, diese ganze Thematik ist einfach allgegenwärtig gewesen in den vergangenen Jahren. Irgendwann kam auch der Zeitpunkt, da das Thema vom Schock zum Mittel wurde, zum Argument um umstrittene politische Entscheidungen zu fällen oder, wie vom unglücklicher Weise gerade amtierenden US-Präsidenten dieser Jahre oftmals praktiziert, die Bevölkerung wieder auf Linie zu bringen, was dann auch noch funktionierte. Das waren wohl die erschreckendsten Folgen dieses Tages, zumindest im Nachhinein betrachet. Auch wenn es eine Phrase zu sein scheint, aber dieser sonnige Septembertag hat unser westliches Leben grundlegend verändert. Diese Veränderungen waren teilweise nötig, teilweise aber auch nur der blanke Populismus - sicherheitspolitische Schnellschüsse, die Verfassungsrichter, Datenschützer und rational denkende Zeitgenossen noch heute mühsam bekämpfen. Für mich persönlich war das Lachhafteste immer der Versuch neue Kontrollen, Datensammeleien und Fahndungsmethoden mit dem Mantra des "Wir werden unsere Freiheit nicht einschränken! Dann hätte der Terrorismus gewonnen!" zu begründen. Klar schränkten wir unsere individuelle Freiheit ein, was hatten wir denn für eine Wahl?! Andererseits haben diese religiös verdrehten Vögel deshalb noch lange nicht gewonnen. Diese Argumentation war in mehrerlei Hinsicht total bekloppt, wurde aber eben auch nur selten als genau das angeprangert - es traute sich keiner.

Im Nachhinein haben wir es, meiner Meinung nach, der Politik viel zu einfach gemacht das eine oder andere "Anti-Terror-Gesetz" durchzudrücken oder gewisse Datenbanken anzulegen. Jetzt wird das nur schwer rückgängig zu machen sein und auch noch eine ganze Weile dauern, bis man es mit dem einen oder anderen übereilig beschlossenen Präventivschlag gegen die Privatsphäre auch tatsächlich geschafft hat. Aber andererseits ist es ja auch gut, daß das erste Jahrzehnt überstanden ist, inklusive der zahlreichen Nachbeben. Nicht nur durch bin Ladens Tod scheint den Terrornetzwerken derzeit ja die Luft auszugehen; was Hoffnung macht. Vielleicht stürzen wir uns ja auch genau deshalb derzeit so übertrieben positiv auf die "Demokratiebewegung" in der arabischen Welt, die bei genauerem Betrachten für mich eher eine Freiheitsbewegung ist. Daß das nicht immer das Gleiche darstellt, das sollten wir auch langsam mal akzeptieren. Momentan sind Ägypten und Libyen nämlich alles andere als stabil, geschweige denn demokratisch. Botschaften anzünden und schwarze Gastarbeiter verdreschen ist es jedenfalls nicht. Ich bin mal gespannt, wo das hinführt - insbesondere in Ägypten.

Naja, schauen wir mal nach vorne. Die heutigen Dokumentationsarien im TV werden das zwar erschweren, aber am Ende ist das sicherlich das Sinnvollste was wir tun können. Ich für meinen Teil bin jedenfalls - wie auch vor 10 Jahren - wieder frisch mit dem ersten Jahr eines neuen Lebensjahrzehntes durch und kann nur hoffen, daß es diesmal etwas undramatischer beginnt und verläuft als das letzte. Ein Schlückchen Sekt bzw. Islay-Malt werde ich dann heute stillschweigend auch darauf nehmen. Eine beschauliche Dekade wäre mir ganz lieb, ich werde schließlich auch als bloggender Kommentatoren-Heinz "langsam zu alt für den Scheiß" - wie es so schön heißt. In diesem Sinne, 9/11:

R.I.P.


1 Kommentar:

  1. Es gibt ein afghanisches Sprichwort: Ihr habt Uhren, aber wir haben Zeit.

    Und so ist es ja. Wir strampeln uns an uns selber ab, haben immer noch nicht klar entschieden, was denn nun unsere "westlichen", zivilisierten Werte sind, für die wir "kämpfen" und stehen. Derweil müssen uns die Anderen (ist ja auch noch nicht so klar, wer hier denn nun der "Feind" ist und warum) nur ein bisschen beschäftigt halten. Sie müssen gar nicht siegen, nur nicht verlieren. Irgendwann geht uns schon die Puste aus. Ganz sicher.

    Das Schlimmste, was 9/11 uns beschert hat, ist das Totschlagargument "Terrorgefahr". Damit kann man Volk doch wunderbar an der Leine führen. Wir sollten die Augen offen halten. In ALLE Richtungen.
    Und außerdem sollten wir noch leben und es genießen und schöne Dinge tun. Aber davon reichlich!

    Grüße! Und einen wunderschönen Tag! N.

    AntwortenLöschen