Donnerstag, 14. Juni 2012

HUMPPASIRKUS

(Eläkeläiset)

Vorab: Um Mißverständnissen vorzubeugen möchte ich bitten, im heutigen Blogeintrag Anführungszeichen auch als solche wahr zu nehmen, heute sind die mal wirklich wichtig! Und vor allem: Nicht vergessen, daß ein Zwinkerndes Smiley bei mir immer mit dazu gehört.

Während der letzten Tage und Wochen habe ich, wie es nun einmal so meine Art ist, das tagespolitische Geschehen über mich ergehen lassen und bin zu folgendem Fazit gekommen: Es gibt momentan exakt zwei Dinge auf dieser Welt, die ich ums Verrecken nicht selber sein will.

1. “Schlecker – Frau”: Wir Deutschen haben so einen unerklärlichen Hang dazu, bestimmte Personengruppen mit möglichst dämlichen Namen zu belegen. Das geht beim eigentlich hausmeisternden “Facility Manager” los (was aber am Trend zum sinnleeren Anglizismus liegt) und hört bei den Sarrazinschen “Kopftuchmädchen” noch lange nicht auf (leider). Seit den ersten Anzeichen der Pleite dieses familiär imperierten Drogerieunternehmens hat man den nun vor der Entlassung stehenden Mitarbeitern nun auch eines dieser Gaga-Labels auf die sorgenfaltige Stirn gepappt. Streng genommen sind das “Verkäuferinnen”. Verkäuferinnen in einem Drogeriemarkt. Nur warum nennt man sich nicht so?!? Was hindert uns daran von “den zuletzt bei Schlecker beschäftigten Drogeriemarktverkäuferinnen” zu sprechen? Ist das etwa zu lang? Ist es im Gegensatz zu “Schlecker Frauen” etwa zu kompliziert? Also BITTE!!! Unsere Sprache hat Wörter wie “Beelterung” (Vermittlung eines Kindes in eine Pflegefamilie) und “Lichtsignalanlage” (Ampel) hervor gebracht… . Noch nicht überzeugt?? Na gut, dann hole ich mal die grobe Keule raus. Was ist mit dem real existierenden, mittlerweile fast schon legendären

Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz?!

Dagegen ist doch “zuletzt bei Schlecker beschäftigte Drogeriemarktverkäuferin” eine sprachliche Wohltat – “Schlecker – Frau” eher nicht. Klar, es ist zwar schön simplifiziert und auch wohltuend prägnant das Ganze. “Schlecker – Frau”: das sagt aus um wen es geht. Aber das Gravierende ist meiner Meinung nach, daß man hier gleich mal 25.000 Leute spontan abwertet. Geht es nur mir so oder schwingt beim von oben herab gemurmelten “Schlecker – Frau” immer ein wenig Abfälligkeit mit? “Schlecker – Frau” ist im Gegensatz zur Drogeriemarktfachverkäuferin nämlich kein Ausbildungsberuf, “Schlecker - Frau” ist mittlerweile eher ein gesellschaftliches Stigmata. Das hat so etwas von “die armen Bankrotten, diese Konkursmasse da”. Man hat sie abgeschrieben, nicht wieder integrierbar und in der Endkonseqzuenz zu Hartz 4 verdammt! Tut mir leid, aber diese Sichtweise ist vollkommen bescheuert! Bescheuert und gefährlich. Denn man öffnet somit dem blinden Aktionismus auf politischer Ebene Tür und Tor. Denn wenn eine Gruppe so lange stigmatisiert und durch die Medien bemitleidet wurde, dann unterstellt man von Seiten der Politik gerne mal, daß sie Hilfe brauchen, was ja auch erst einmal nix Schlimmes ist, denn so funktioniert ein Sozialstaat. Aber wenn dann bald wieder Wahlen sind, dann treibt das ganz, ganz komische Blüten. Dann haut einer nach dem anderen einen megatollen “Aktionsplan” raus und verschlimmbessert damit den Kokolores, den sein Vorredner verzapft hat. Da wird sich dann mit “sozialer Verantwortung” die man angeblich übernehmen muss gegenseitig überboten. Eine “Task Force” nach der anderen wird eingerichtet, ein “unbürokratischer Notfallplan” jagt den nächsten. Nur, wer fragt denn eigentlich die Betroffenen, was die wollen? Röchtöch: KEINER! Hauptsache das schaut auf den flüchtigen Blick gut aus. Realisierbarkeit ist erst einmal Zweitens. Diese 25.000 Mitarbeiter sind nun einmal nicht gleichförmige Verkaufsroboter, denen man widerstandslos mal fix ein neues Betriebssystem aufspielen kann und sie dann in die KITA schickt, wo sie wieder funktionieren. Oh Wunder, die haben auch eigene Meinungen und Vorstellungen… wer hätte das gedacht?! Aber das juckt scheinbar keinen. So lange das “die Schlecker – Frauen”, diese “Opfer”, sind, kann man schön nach dem Prinzip “friß oder stirb” verfahren. Ich bin mit ziemlich sicher, daß das nicht so dramatisch ausgefallen wäre, wenn da eine Berufsgruppe und eben kein aufgeklatschtes Label durch die Medien gegangen wäre. Wenn man von Anfang an darauf geachtet hätte, daß es sich hier um 25000 Individuen handelt und eben nicht um eine homogene Gruppe, die man nun irgendwo unterbringen muss, wo sie schon mal da ist… Hauptsache sie fallen danach keinem mehr auf. Wer von denen Altenpfleger oder Erzieher werden will, der soll das von mir aus auch angehen, aber ich finde es weltfremd, wenn man hier versucht einen ganze Gruppe gemeinsam in eine bestimmte Richtung umzumodeln und damit “zufällig” auch gleich den Fachkräftebedarf in anderen Bereichen mit abhakt, den man schon lange kennt und trotzdem nicht geregelt bekommt. Mal ganz davon abgesehen, daß wir hier zum Teil von 3jährigen, nicht verkürzbaren Ausbildungen mit der einen oder anderen Zugangsvoraussetzung sprechen – ein “schnelles Umqualifizieren” könnte somit mit gewissen Problemchen einher gehen. Nur damit wir uns richtig verstehen, das ist hier kein Satirestück, das passiert derzeit wirklich. Der absolute Oberbrüller war, wie ich fand

DIESE MELDUNG: “Schlecker Frauen an die Front”

Mit fiel dazu nur ein: WTF?!

Die zweite Gruppe, zu der ich nicht gehören möchte, ist numerisch sogar noch größer, sie hört auf den Namen “Zootier”! Das zählt dann aber nur bis Anfang Juli. Seit dem “Orakel-Krakel” Paul, der bei der WM letzten Endes alle deutschen Ergebnisse inklusive des Ausscheidens gegen die Überspanier vorher sah, sind die Tierparks dieser Welt auf den Geschmack gekommen. In Ganz Europa wird mittlerweile jedes noch so absurde Vieh vor die Kameras gezerrt, damit es den Ausgang bestimmter Spiele vorher sagt. Ich habe in den letzten Tagen Elefanten gesehen, die auf Tore schießen mußten auf welche Nationalfahnen gepinselt waren (die aber statt dessen nur auf dem Ball rumhauten Zwinkerndes Smiley ); ich habe Affen gesehen, die sich Bananen aus beschrifteten Näpfen stibitzen mussten; ich wurde Zeuge davon, wie eine Ziege in irgend eine Richtung rennen sollte; ich sah, wie Möwen im ZDF Futternäpfe anflogen und natürlich, wie ein ziemlich bescheuert drein blickender, gelber Molch in der ARD sogar synchronisiert wird um seine Tipps abzugeben. Ich sage mal so: Über die Engländer mit ihrem Kuhfladen-Bingo brauchen wir uns ganz bestimmt nicht mehr lustig machen! Wer glaubt denn ernsthaft, daß irgend ein Vier-, Acht- oder was-auch-immer-Beiner genug Fachkompetenz besitzt um eine EURO vorher zu sagen?!? Richtig: Niemand, der noch bei klarem Verstand ist. Paul war vor zwei Jahren ja ganz witzig, originell, mal was anderes eben. Auch die ganzen sich aus und um ihn entspinnenden Aktionen wie die spanische Kochshow vor dem Halbfinale, wo ausschließlich Tintenfischgerichte gebrutzelt wurden… unterhaltsam war das. Aber wenn wir jetzt anfangen, alle “offiziellen EM – Orakel” zu braten… wer soll das denn alles essen, frage ich euch?! Hoffentlich hört das bald wieder auf, die Idee ist ausgelutscht und ich bin nicht interessiert daran, mit meinem Zoo-Eintritt solcherlei Massenidiotie mit zu finanzieren! Kein Vieh dieser Welt sollte sich für so einen Kokolores hergeben müssen… wo ist eigentlich PETA, wenn man sie wirklich mal braucht – diese Luschen?!

3 Kommentare:

  1. Ich sehe keine Anführungszeichen. But I agree.

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  2. Im Fall der "Namensbildung" für geliebte oder ungeliebte Personengruppen schicken wir doch mal einen lieben Gruß an das Meinungsbildungspamphlet mit den VIER Buchstaben nach Hamburg.

    Zigtausend auszubildende Menschen/Schicksale, die alle den einen Beruf ergreifen sollen? Und wer soll die ausbilden? Die bekommen einen Verbandskasten unter den Arm gezwickt, einen Betriebsrollator als Dienstfahrzeug und einen weißen Kittel mit blauer Aufschrift "Ich helfe gerne!".

    Das ist einfach nur billiger Populismus, der am Stammtisch leicht nachgekräht werden kann. Wer sich mal mit einer dieser "SF" - ja, es geht doch noch kürzer - unterhält, der wird merken, dass da nicht nur tausende Menschen hinter den anonymen Zahlen stehen, auch einzelne Schicksale. Genau so viele, wie es nun neue arbeitslose Menschen geben wird.

    Anstatt nachhaltige Arbeitsplätze zu vermitteln, diese Menschen wirklich nach ihren Qualifikationen zu vermitteln, wird einfach eine Schablone hingelegt, in der die Menschen gedrückt werden.

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  3. Diese Tier-Orakels empfinde ich auch als unglaublich doof. Es kann doch nicht tatsächlich Leute geben, die an so einen Schwachsinn glauben?

    LG

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