Mittwoch, 1. Dezember 2010

Pearl Jam–23.09.2006 Wuhlheide Berlin

 

HERAUS aus den Untiefen des Vergessens mit dieser Seite… zumindest für heute mal wieder. Die Schreibfaulheit und, wenn man so will, inspirative Dysfunktion aufgrund der Verärgerung über das gar schändliche Treiben grenzdebiler Vollpfosten in Thüringer Universitätsgremien soll jetzt mal kurz ad acta gelegt werden. Grund dafür soll der Musik gewordene Lichtblick der letzten Wochen sein. Lange habe ich überlegt ob es 1. Sinn macht ein weiteres Review zu schreiben und 2. ob es überhaupt auf diese Seite passt. Die erste Frage kann man sich via google beantworten. Konzertberichte gibt’s da ne Menge, allerdings mit der kleinen Einschränkung, daß man einige davon getrost in der Pfeife rauchen kann, so mies sind die! Da wird von Songs berichtet, die nicht mal ansatzweise gespielt wurden… nicht einmal im Soundcheck, welchen wir Glücklichen natürlich auch belauschen durften (btw: GAAAAANZ GROßES KINO: „Parting Ways“!!!), oder „Release“ als Opener ausgerufen und „Alive“ zum Schlußsong gekürt… wer so was schreibt, der ist wohl dem größt-möglichen-Haschmich anheim gefallen. Die Melodie vor dem eigentlichen Opener „Go“ stammt 1. von „Once“ und 2. kamen nach besagtem „Alive“ (ja, das wurde wenigstens WIRKLICH gespielt) noch schlappe 7 weitere Songs…und bei weitem nicht die Schlechtesten wie man hinzufügen muß! Was die 2. Frage angeht… wenn ich es entscheide, passt in dieses Blogg alles rein! Als Inhaltsdiktator meines virtuellen Reiches (muß man nur anmelden, nicht erobern oder via Einmarsch besetzen ;-) ) seid ihr mir und meinen Entscheidungen doch alle auf Gedeih und Verderb ausgeliefert… so mehr oder weniger jedenfalls.  Also dann mal los:
Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Pearl Jam Konzerte beschränken sich nicht auf jene 2,5 Stunden, welche der gute Eddie benötigt um seine obligatorischen 1-3 Weinflaschen auf der Bühne zu vernichten bzw. sie (in unserer Bundeshautstadt so geschehen) an die Leutchen in den ersten Reihen zu verteilen. Nein, so ein Konzi kann zu einer Tagesaufgabe werden oder gar noch mehr: es kann uns ein ganzes Wochenende versüßen! Es kann dies nicht nur, es tut es es auch zuweilen! Am frühen Donnerstag abend trug es sich also zu, daß wir das Auto packten, einen schriftlichen Hinweis auf unser Reiseziel gut lesbar im Fensterbereich anbrachten, und das beschauliche Erzgebirge gen alte Heimat verließen. („Wir“ bezeichnet in diesem Fall übrigens beide Sprösslinge der Familie Mühl… meine Schwester und mich sozusagen). Ein paar Stunden Autobahn und eine völlig abgedrehte Irrfahrt durch den suburbanen Raum des hiesigen Regierungssitzes später waren wir am vorläufigen Ziel angelangt und bereiteten uns mental auf das vor, was in geschätzten 42 Stunden über uns hereinbrechen würde.
Der Freitag war dann Berlin an sich gewidmet, allerdings warfen schon da die im Heraufziehen begriffenen Ereignisse des Folgetages ihre geradezu gigantomanischen Schatten voraus. In diesem Kontext ergehen unbekanntermaßen besonders eindringliche Grüße an die nette Starbucksverkäuferin mit unüberschaubarem Eddie-Tick (der Becher ist toll… ;-) ) und den leicht spacigen Neuseeländer vom Potsdamer Platz (auch wenn das angedachte „see ya at the concert tomorrow!“ dann doch nicht eintrat). Nun, Berlin war somit unwiderruflich unterwandert von positiv Bekloppten… und ich mittendrin! ……….. Wie passend! ;-)
Dann wollen wir nun aber mal zur Schilderung der eigentlich relevanten Ereignisse kommen… sprich das Konzert als solches. Es ist ja nun wahrlich kein Geheimnis mehr, daß meine Wenigkeit selbigem schon seit Monaten mit freudigen Erwartungen entgegensah. Da es meiner Schwester irgendwie ähnlich ging (bis heute ein unerklärliches Phänomen, was ungefähr so mysteriös ist wie etwa Nessie, ein Geschwader Ufos oder das Zustandekommen einer stabilen sexuellen Identität bei Bill Kaulitz), brachen wir kurz vorm High Noon aus unserer Temporärunterkunft auf und trabten gemächlich Richtung Straßenbahn. Keine 30 Minuten später fanden wir uns in Köpenick wieder und unternahmen auf Anraten der Eingeborenen einen 30 minütigen Waldspaziergang (jaja… wir reden hier immer noch von Berlin) zur Wulheide. Dort angekommen besannen wir uns erstmal wieder auf eine der großen männlichen Tugenden: GEDULD! Nach unserer Ankunft waren es noch gut 4 Stunden bis zum Einlaß und geschlagene 7 bis zum Hauptact. Wenn man schon mal in der Gegend ist, gerade nix zu tun hat und einem die Herbstsonne auf den Pelz brennt, dann sollte man sich auch nicht allzu sehr gegen das dargebotene Berliner Kindl vom Faß wehren, was keine 20 Meter entfernt aus den Zapfhähnen nur so herauszusprudeln schien. Diese Einsicht ereilte mich, nachdem wir gut eine Stunde vor dem Einlasstor verharrt hatten, inzwischen auf unseren Jacken saßen und uns über eine Achtergruppe Norweger amüsiernd, welche sich mit 2 Bierkästen und einer schon fast obszön wirkenden Menge an Pornozeitungen (defnitives Highlight: „Oktoberfest Spezial 2006“… so ne Art Sammelsurium nackter Zenzis, bei welchem es dem Alpensepp ganz warm in der Krachledernen zu werden droht) die Zeit „vertrieben“. Jedenfalls war’s amüsant da so vor den Toren rumulungern und die Zeit verstreichen zu lassen… hier und da kam man mit Gleichgesinnten in ein mehr oder weniger ausführliches Gespräch und genoß ansonsten eigentlich nur das malerische Wetter und die relaxte Parkatmosphäre rund um die Waldbühne. Eine Stunde vor Einlaß etwa drangen dann die ersten handgespielten Töne zu uns durch. Mr. Vedder hatte seine Mannen zum Soundcheck zusammengetrommelt und so wehte alsbald der traumhafte Binaural-Closer „Parting Ways“ durch den frühherbstlichen Wald, welches die wartenden Massen (mittlerweile hatte sich aus den schon familiär anmutenden 15 Mann, welche wir zu unserer Ankunft waren, eine stattliche Schlange gebildet) merklich mit Vorfreude erfüllte, welche ein knackiges „Gods Dice“ im Anschluß nur noch weiter anheizte. Dem relaxten Unterton, welcher unter der ganzen Veranstaltung bis jetzt lag, und ihr bis zum Schluß auch nicht verloren gehen sollte, tat dies allerdings keinen Abbruch: um uns herum chillende Leute, die relaxt und mit einer Hopfenkaltschale (bzw. 2 Kästen davon nebst Pornoheft) den Nachmittag genossen und einfach nur froh waren da zu sein, wo sie eben gerade waren. Nachdem ich zunächst mir und dann meiner Schwester (dazu war es nötig ihren Arm um etwa das 2,5fache in die Länge zu zerren und ihn dem Ordner förmlich unter seinen anglophoben („We will work in the front“ „Hääää???“ „VOR-AR-BEI-TEN wolln wir!!!!“ ;-) ) Zinken zu halten, damit auch sie das begehrte Wristband für den direkten Frontstagebereich angelegt bekam. Somit zählten wir schon mal zu den 1500 Auserwählten, welche nun aber wirklich aus allernächster Nähe dem großen ( Metapher) Vedder und seinen Mannen huldigen durften. Nachdem wir die Eingangskontrolle hinter uns hatten und die seit April (19. um genau zu sein) so liebevoll in der Vitrine bewahren und nahezu hermetisch abgeriegelten Karten lieblos ZERRUPPT wurden, gings im Laufschritt gen Bühne. Schnell wurde noch jeweils in ein T-Shirt investiert, wobei ich mich ob des martialischen Layouts des meinigen auch schon wieder der Häme meiner Schwester ausgesetzt sah (weiß gar nicht was sie hat: ein schwarzer Adler, welcher aus ner Faust emporwächst aus welcher grellgelbe Blitze entspringen und der auf der Brust stolz den „Pearl Jam“ – Schriftzug in altdeutscher Schrift trägt, ist definitiv SOWAS VON ROCK!!!! Ein Männershirt R-R-R!!!). Als dies dann auch erledigt war, rannten wir förmlich die Stufen des amphitheateresquen Geländes hinunter um uns einen High-End-Platz in direkt vor der Bühne zu sichern zu sichern. Bevor ich nun noch das ausgiebige Warten und die erfolgten und sehr unterhaltsamen Gespräche mit der anwesenden Forumsprominenz eingehe, will ich mich lieber maßregeln und langsam zum eigentlich Punkt kommen. So schäle ich den Pudel, denn dessen Kern sei unser Ziel…!


1. GO
Es ist ja nicht so, als daß selbiger Song als Opener die pure Überraschung war, aber nachdem man über 2 Stunden im Rund stand, nur von den Black Keys (*Thumbs Up*, sehr gute Musik!!!!) kurz abgelenkt und im Allgemeinen vor Vorfreude nur so sprudelnd… was soll ich sagen… nach dieser Zeit detonierte die angestaute Energie im weiten Rund förmlich und entlud sich in purer Begeisterung. Auch wenn bereits gut eine Stunde vor Konzertbeginn die eine oder andere Laola (!!!!!) die gute Laune der Anwesenden bereits andeutete, DAS was sich da abspielte hätte wohl keiner erwartet. Es war nicht nur „Go“ an sich… es war auch wie er gespielt wurde, das verhieß einen treibenden, rockigen und nicht zuletzt energiegeladenen Auftakt dieses Abends!


2. SAVE YOU
Nachdem die Massen durch GO bereits widerstandslos in jenen Strudel der Faszination gezerrt wurden, welcher die Musik von Pearl Jam naturgemäß umgibt, hagelte es ohne auch nur die Andeutung einer Verschnaufpause gleich das nächste Brett! Eddie (seines Zeichens Sänger von Gottes Gnaden, Gitarrist und Charismat in Personalunion) zellebrierte jedes einzelne „Fuck“ dieses Songs (und es gibt deren mehr als genug in dem Song) und versprühte im Zusammenspiel mit der Band eine Freude, daß einem schon Himmelangst wurde wo das noch hinführen soll.


3. ANIMAL
„1,2,3,4,5 agains one“ hieß es nach dem nächsten, wiederum extrem spartanisch gehaltenen Verschnaufpäuschen. Und wer bis dato noch beeindruckt und abwesend das Geschehen bewundert hatte, wurde spätestens jetzt zum Mitsingen gezwungen und zum Tanzen verdammt! ;-) Die erste Kollektivgesangeinlage des Abends wurde beim Refrain angestimmt… wenn aus 18.000 Kehlen ein langgezogenes „ANIMAAAAAAAAAAAAAAA-AAAAAAAAAAAAAAAAAAL“ ertönt, ist die Gänsehaut garantiert. Ich für meinen Teil war psychisch spätestens seit „Save You“ im kollektiv geteilten Delirium entschwunden und trieb, getragen auf einer Woge von einmaliger Musik einfach nur durch die sternenklare Herbstnacht. Hinzu kam noch, daß Mike, Gitarrengott und Plektrentod der Band, gleich mal anzeigte daß er durchaus in Topform angereist war… glücklicherweise zog sich das dann durch den gesamten Abend.


4. DO THE EVOLUTION
Wer den Song kennt, wird mir zustimmen, daß er nahtlos an das bisherige Set anknüpft. Eddie trieb das Stück zudem mit rauer Stimme immer weiter voran. Nach DTE kamen bein mir dann auch erste Verwunderungserscheinungen auf: Die Kerle die da oben, keine zehn Meter von mir entfernt die gesamte Waldbühne rockten sind alle um die 40… aber wie die abgingen, das hätte den Duracell-Hasen beschämt in den Freitod getrieben!


5. REARVIEWMIRROR
Jo… dann ruhe sanft werter Hase! RVM so früh am Abend und als Abschluß des ersten, rocklastigen Komplexes war schlicht und einfach eine Offenbarung! Ich liebe diesen Song ohnehin, von Present Tense mal abgesehen steigert man sich in keinen Song so kontinuierlich hinein… Live wird der Effekt dann noch mal gesteigert und man fängt mit dem Hineinsteigern erst an jenem Punkt an, an welchem die Albumversion aufhört. Die wohl verdiente, aber dennoch recht kurze Pause nach diesem Song nutzte Ed dann zu einer kleinen Ansprache in der hiesigen Landessprache und einem raffiniert eingewobenen Vedder-Witz. Während er dies tat schnappte sich Stone die Akkustik-Klampfe und startete das erste low-tempo-Stück des Abends, wobei sich auch die Sangeskunst des in der Breite wohl textsichersten Publikums der Rock-Welt erneut und auf eindrucksvolle Weise bestätigte:


6. ELDERLY WOMAN BEHIND THE COUNTER IN A SMALL TOWN
“I seem to recognize your face…” von Anfang an erfüllte ein derart eindringlicher Chor die Wulheide, daß die resultierende Gänsehaut bei allen Anwesenden ungeahnte Ausmaße erlangte. Der gemeinschaftlich gesungene Refrain (Ed: „Come on, help me!“) gab einen leisen Vorgeschmack auf die wahnsinnige Atmosphäre der später folgenden Sahnestücke in Balladenform, welche da noch kommen sollten.


7. SEVERED HAND
Mit diesem Stück begann die Zeit der Avocado. Drei Songs vom neuen Album am Stück, wobei gleich der erste mit „I cant close my eyes because I see the sound in waves…“ gleich einen der lyrischen Höhepunkte des Abends lieferte.


8. WORLD WIDE SUICIDE
Nahtlos angeschlossen dann die nächste Rockoper gegen die Irrungen der Moderne. Mitgerissen von der Direktheit und dem einmaligen Potential von Eddies Stimme, welche nach der kurzen melodischen Auszeit bei Elderly… wieder eine apokalyptische Schroffheit erreichte, rockte die Waldbühne wieder als ob es kein Morgen gäbe.

 
9. MARKER IN THE SAND
Einer der schönsten Songs der Avocado… mehr kann und will ich dazu eigentlich nicht sagen. Alleine diese Troika des neuen Albums spricht eigentlich Bände.


10. EVEN FLOW
Überraschend kam es nicht gerade, mein persönliches Highlight, seit geraumer Zeit kann man sich ein PJ-Konzi ohne den Song eigentlich gar nicht mehr vorstellen. Seit ich den Erstling der Band in die Finger bekam begeistert mich dieser Song, reißt mich mit und wird Live durch die auch an diesem Abend eingewobenen Soli von Mike und Matt immer wieder variiert und mitunter auf ein neues, noch höheres Niveau gehievt. Heute erreichte er mit 8 Minuten Dauer mal wieder nahezu epische Ausmaße und erlaubte (während Mike die Saiten malträtierte bzw. Matt im alleinigen Rampenlicht die Drumsticks schwang) Eddie das Einlegen einer Raucherpause am Linken Bühnenrand, wo er genüsslich seine American Spirit qualmte.


11. PRESENT TENSE (!!!!)
Ein Traum wird wahr… dieser Song rangierte auf meiner „will ich unbedingt live hören – Liste“ unangefochten auf Rang 1!!!!!! Da er aber nur recht selten die eine oder andere Playlist verschönert, standen die Chancen relativ schlecht, daß er aus dem großen Zauberhut ans Licht der Berliner Öffentlichkeit gezerrt werden würde. Daß er DIREKT nach Even Flow kam, machte es eigentlich nur noch besser. Wenn man Perfektion noch toppen kann… dann nur so. Fassungslosigkeit und unheimliche Freude…


12. BIG WAVE
Im Anschluß switchte man wieder zur Avocado und präsentierte uns einen weiteren Rocker. Metaphorisch gesehen wars irgendwie klar, daß „Big Wave“ kommen musste, wenn Eddie schon nicht leibhaftig surfen kann, dann will er wenigstens dran denken.


13. GREIVANCE
Binaural-Zeit. Persönlich war ich positiv überrascht daß der Song kam. Da hatte sich der Kampf mit dem Album damals also gelohnt… es hatte gedauert bis ich es mir damals erschloß (ein dreiviertel Jahr immerhin) aber nach dieser Performance war es jeden der verzweifelten Hördurchgänge wert!


14. DAUGHTER
Erneut Mitsingzeit. Man macht sich im Voraus keinerlei Vorstellung davon, wie hammergeil es ist zusammen mit der restlos ausverkauften Wulheide diesen Song zu singen… dazu noch das überaus seltene W.M.A. als Daughter-Tag eingeflochten… der Raritätenabend schien eröffnet. „Bitte noch Black!!!!!“ ging mit nur durch den Kopf… diese beiden Hammerballaden an einem Abend LIVE zu erleben, das wäre der nächste Superlativ!


15. GREEN DISEASE
Wieder Rock-Time mit einem meiner Riot Act Lieblinge schlechthin. Mit Save You zusammen die Abgeh-Garanten dieses Albums. Eddie wurde vorher noch kurz politisch und schwupps durchschnitten giftgrüne Scheinwerfer die dunkle Bühnenluft… .


16. BLACK (!!!!)
YEAH!!!! Das Flehen wurde erhört. Was die Emotionalität und Intensität angeht ist dieser Song so was wie das Meisterstück der Jungs… lediglich NAIS vermag es einen ähnlich in seinen Bann zu ziehen. Und die Version welche uns heute offenbart wurde war mal wieder die musifizierte Genialität. Ich kann es eigentlich nur wiederholen: Daughter und Black an einem Abend… und jeweils dieser Fanchor in dessen Mitte man stand…


17. PORCH
Porch war ein würdiger und nahezu perfekt gewählter Abschluß des Mainsets. Sieben Minuten voller Energie, welche uns kollektiv wieder in die legendäre TEN-Ära zurückschmissen. Hymnenhaft und mit einem sehr netten Solo verziert machte Porch nur Lust auch mehr… auf VIEL MEHR Pearl Jam an diesem Abend. Die Jungs hatten Spaß auf der Bühne, das merkte jeder der Anwesenden und die während der letzten 80 Minuten entstandene Stimmung hatte schon lange nichts mehr mit einem klassichen Rockkonzert zu tun, geschweige denn mit einem Gig vor knapp 18.000 Leuten. Vielmehr entstand eine Art private Atmosphäre, welche Eddie nur noch ankurbelte, indem er von der Bühne sprang und fröhlich seinen Rotwein an die erste Reihe verteilte oder auf der Bühne herumkletterte und uns fröhlich zuwinkte. Das ging alles weit über ein normales Konzert hinaus… man kam sich eigentlich eher vor wie in einem kleinen, verrauchten Club, wo man, ein Bierchen in der Pranke, mit einer Hand voll guten Freunden abhängt, die zwischen massiven Holztischen und Bierreklame spontan anfangen ein paar ihrer Lieblingssongs zu jammen. Bloß gut, daß jedem hier bewußt war, daß da noch so einiges auf uns zukommen würde, was das aber dann genau war, wagten sicherlich nur wenige auch nur zu hoffen!


ENCORE 1


18. GIVEN TO FLY
Der erste Zugabenblock, man könnte ihn eigentlich auch als Konzert nach dem Konzert bezeichnen, wurde also mit Given to Fly, dem wohl malerischten Song des ganzen Yield-Albums eröffnet. Wieder so ein Fall von grenzenloser Intensität. Die wenigen Minuten Pause waren nach den ersten Klängen eigentlich schon vergessen, man war sofort wieder in dieser Feierstimmung, was man der ganzen Besuchermasse auch deutlich anmerken konnte.


19. COME BACK
Ich gebe ja zu, daß dieser Song für mich so ziemlich der schwächste (das heißt, in Schulnoten etwa 2+) der gesamten Avocado ist, aber Live gibt’s Extrapunkte!!!!! Zumal Eddie ihn seinem Freund Johnny Ramone widmete (wieder auch Deutsch im Übrigen: „Den nächsten Song singe ich in den Himmel, hoffentlich kann er es hören!“) und das Ganze dadurch eine ganz andere Eindringlichkeit bekam als von CD.


20. I BELIEVE IN MIRACLES
Raritätenalarm… erneut landete die Band einen Treffer direkt ins Bullseye meines Musikgeschmacks. ;-) eines meiner Lieblingscover der Jungs. Klar, nach der Widmung von Come Back hätte man es sich denken können daß das Ramones-Cover nahezu unausweichlich folgen würde… aber man kam nun mal nicht wirklich dazu sich mit solchen Gedankengängen zu beschäftigen… weit wichtiger war es jede Sekunde des Konzertes auf sich einströmen zu lassen. Jedenfalls rockte der Song die so herrlich melancholische Stimmung des Vorgängers wieder auf ein weitaus freudigeres Niveau und es war eine reine Freude Eddie am Mic beim Abgehen zuzuschauen; Mike spielte wie ein junger Gott, Jeff zupfte groovend den Bass während Matt gewohnt präzise auf seine Trommeln einging. Nur was Stone tat kann man nicht umschreiben… „Stone ist eben Stone“ würde meine Schwester sagen und hätte vermutlich auch Recht.


21. CRAZY MARY
Der Hammer… die dritte Ballade der Superlative. Wieder ein Griff in die Raritätenkiste obendrein! „Take a bottle drink it down… pass it around…“ Wieder riß einen diese Band in eine vollkommen andere Welt und der Chor setzte erneut ein, der Song ist einfach prädestiniert dafür. Was für eine Version dieses Songs….


22. ALIVE
HYMNENZEIT! Alive ist wahrscheinlich der PJ-Song schlechthin was die öffentliche Wahrnehmung angeht. Bei den ersten Tönen schrie die Menge auf… diesen Song live zu hören war zwar auf dieser Tour alltäglich, ist aber dennoch etwas Besonderes. Man mochte kaum glauben wie alt dieses Stück ist… unglaublich wie frisch Ed und Co. es rüberbrachten. Ein würdiger Abschluß des ersten Encores. Das zweite sollte folgen, unweigerlich und in seiner Ausstattung geradezu monströs!

ENCORE 2

(Hier sei mal vorausgeschickt, daß ich dem Kaiser, dem Franz, der Lichtgestalt… na ihr wisst schon… daß ich ihm jedenfalls sehr dankbar bin für diese WM!!! Auch beim PJ-Konzi verblüfften die Massen die Band durch ein minutenlanges „Ohhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh“ mit erhobenen, wackelnden Händen, sodaß man eigentlich nur darauf wartete, daß Stone einen Eckball tritt. Sichtlich irritiert nahm Ed das Geschehen auf und animierte uns vorm 2. Encore zur Wiederholung dieses Pausenfüllers.


23. LAST KISS
Eieiei… wieder so ein Stückchen Bandgeschichte, welches nicht unbedingt alltäglich hervorgekramt wird. Der Kollektivchor war nebenbei auch wieder im Einsatz und sang fröhlich einem denkwürdigen Encore 2 entgegen.

24. FOOTSTEPS
„We would like to play a request!“ ... mit diesen Wirten kündigte Eddie eine der atmosphärischsten B-Seiten der Bandgeschichte an. Kein Mensch weiß, warum dieses Stück kein Albumtrack ist… aber angesichts der Stimmung welche dieses Live nur selten präsentierte Schmuckstück begleitete, konnte man ungefähr ablesen welchen Stellenwert dieser Song bei der Gefolgschaft der Band hat. Streng genommen konnte man sowieso nur mitsingen oder fassungslos genießen… mehr Möglichkeiten gab es einfach nicht. Außerde, hatte es sich für die 2 Kerle gelohnt, deren ausdauernd geschwenkte Schilder Eddie zu diesem spontanen Wandel in der Setlist genötigt hatten. Langsam trieb man mit diesem Song dahin und dabei immer mehr seinem gediegenen, melancholischen Ende entgegen…


25. LUKIN
… und wurde übergangslos mit Lukin wiedererweckt! Dieser nahtlose Wechsel zwischen dem gediegenen Footsteps, wie es langsam ausklingt und dann dieses Kantholz von einem Punksong hinterher war der Wahnsinn (Lukin zählt im Übrigen auch eher nicht zu den Liedern mit denen man getrost rechnen kann wenn man auf ein PJ-Konzi pilgert)!!! Zudem muss man es erstmal hinbekommen einen Song, der eigentlich eh nur eine Minute dauert und das Tempo eines TGV auf abschüssiger Strecke besitzt noch mal 7 Sekunden schneller runterzuspulen… UN-GLAUB-LICH!


26. Comatose
… darauf folgte mit Comatose der legitime Nachfolger des No Code Krachers Lukin auf dem Fuße. Mein Fav der Avocado nebenbei bemerkt… einfach nur großartig. Gegen Ende des Berichtes gehen einem einfach nur die Superlative und Beschreibungen aus um das ganze zu beschreiben.


27. WHY GO
Dies ist allerdings sehr schade, denn gerade DIESER SONG war von der Stimmung her das absolute Highlight des Abends. Seit ich im Besitz des Bootlegs bin, ist dieser das meistgehörte Stück. Einfach der Wahnsinn wie die ganze Arena den Refrain „Why go hooooome?! Why go hooooome?!?...“ mitsingt! Den obligatorischen Kommentar á la: Das war das Motto des Abends! Kann ich mir eigentlich sparen, denn das dürfte ohnehin jedem klar sein. Die Band tobte noch mal, ich kann mich nicht erinnern jemals eine bessere Live-Version dieses Liedes gehört zu haben (… soweit das überhaupt mal gespielt wurde früher).


28. BABA O’RILEY
Wiedermal Cover-Zeit.  Gleichzeitig aber auch das Zeichen, daß nun die letzten 2 Songs folgen würden. Baba live und in diese Atmosphäre, mit diesem unglaublichen Chor im Hintergrund, das war noch mal der absolute Appetizer für den Schlußsong, welcher sich bei Pearl Jam mittlerweile schon eingebürgert hat als etatmäßiger Closer (bandtypisch allerdings auch ab und an variiert):


29. YELLOW LEDBETTER
Der letzte Song… und gleichzeitig der Abschluß einer einzigen, riesigen Party. Nach all dem, was uns in den letzten 130 Minuten schon geboten wurde, war Yellow Ledbetter einfach der krönende Abschluß eines Konzertes, welches die Fachpresse noch lange beschäftigen wird denke ich… zumindest das Medienecho der Folgetage fiel dem entsprechend aus, auch wenn es an Unmöglichkeit grenzt diese Stimmung auch nur ansatzweise in Worte zu packen. Nachdem Mike sein obligatorisch traumhaftes Schlußsolo gezupft hatte, verabschiedete sich die Jungs noch ausführlich von uns und beschmissen di rasende Menge mit verschiedenen Devotionalien wie Plektren, Drummsticks oder Schweißbändern…. Ich selbst war wohl erst am nächsten Tag wieder halbwegs einsatzfähig… direkt nach dem Konzi stakste ich eher verpeilt durch den Innenraum des Konzertgeländes. Jeder der die Chance hat diese Kerle Live zu erleben, sollte sich gefälligst dahin scheren! Und bis dato: Leute, besorgt euch dieses Bootleg…!


Diese 29 Songs waren ohne Zweifel die mehrfache Potenz dessen, was man sich vorher von diesem Konzert versprochen hatte. Dabei bin ich da schon sehr zuversichtlich herangegangen, daß es das Nonplusultra werden würde war klar, aber daß am Ende des Tages solch ein Erlebnis steht, konnte man nun wirklich nicht vorhersehen… wie auch. Wenn sich die Herren wieder in unsere Nähe begeben muß ich wieder hin… wenn es auch nur halb so großartig wird wie dieser 23. September, dann lohnt sich das schon. Momentan bleibt mir nur ein neidischer Blick gen Australien… die Aussies wissen gar nicht was da in den nächsten Tagen auf sie zukommt… ein glückliches Volk ist das momentan!!!!!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen